Züchtungskunde, 80, (4) S. 265 – 278, 2008, ISSN 0044-5401
Genetische Trends in der Niedersächsischen Piétrain-Eberpopulation in Abhängigkeit vom MHS-Status
E. Stamer, W. Brade und E. Kalm
Zusammenfassung:
Das Ziel der vorliegenden Untersuchung liegt in der genetischen Gegenüberstellung von in den letzten Jahren geprüften Piétrainebern mit den beiden MHS-Status homozygot stressstabil (NN) und heterozygot stressstabil (Nn) anhand sechs wirtschaftlich wichtiger Merkmale (tägliche Zunahme, Rückenmuskelfläche, Schinkenanteil, Muskelfleischanteil, pH1-Kotelett, Fleischhelligkeit), um die Auswirkungen nach einer Fortsetzung der aktuell stattfindenden MHS-Sanierung im Eberbestand, d.h. bei einem Verzicht auf den Einsatz von Anlageträgern, beurteilen zu können. Die Daten stammen von insgesamt 11.422 Schweinen aus zwei Leistungsprüfungsstationen Niedersachsens aus den Jahren 2000 bis 2007. Bei den untersuchten Herkünften handelt es sich um Reinzucht- (Piétrain) und Kreuzungszuchttiere (Piétrain*(Deutsche Landrasse*Deutsches Edelschwein)). Die Reinzuchttiere wurden in beiden Stationen in Zweiergruppen gehalten, und die Kreuzungen wurden sowohl in Zweier- (beide Stationen) als auch in Zehnergruppen (eine Station) geprüft. Resultierend daraus erfolgte die Definition von drei Tiergruppen, und zwar bildeten alle Reinzuchttiere sowie die Kreuzungstiere aus den Zweiergruppen und die Kreuzungen aus den Zehnergruppen jeweils eine Gruppe. Die Schätzung der Varianzkomponenten mit anschließender Zuchtwertschätzung erfolgte innerhalb Merkmal für die drei Tiergruppen gleichzeitig mit einem Tiermodell unter der Verwendung der Methode Reml. Die Auswertungsmodelle enthielten die fixen Effekte Aufstallungsmonat innerhalb Station (Mastleistung), Schlachttag innerhalb Station (Schlachtkörperwert und Fleischbeschaffenheit) und für alle Merkmale die Regression auf das Schlachtgewicht sowie die zufälligen Effekte der Prüfgruppe und des Tieres. Zwischen den Reinzuchttieren und den Kreuzungen in der Zweierbucht betragen die genetischen Korrelationen rg = 0,67 bis rg = 0,99, zwischen den Reinzuchttieren und den Kreuzungen in den Zehnergruppen rg = 0,56 bis rg = 0,77 und zwischen den beiden Kreuzungsgruppen rg = 0,70 bis rg = 0,99. Genotyp-Umwelt-Interaktionen in Form deutlicher Rangverschiebungen wären demnach zwischen Reinzucht und Kreuzung in den Zweiergruppen in den Merkmalen tägliche Zunahme und pH1-Kotelett sowie zwischen Reinzucht und Kreuzung in den Zehnergruppen in allen Merkmalen möglich. Auf die Prüfung reinerbig stressempfindlicher Eber (nn) wird aktuell fast vollständig verzichtet, gleichzeitig liegt der Anteil der mischerbig stressstabilen Eber (Nn) bei über 50 %. Die durchschnittlichen Zuchtwerte zeigen im Verlauf der Geburtsjahre 1999 bis 2005 genetische Überlegenheiten der reinerbig stressstabilen Eber (NN) in der täglichen Zunahme und in den beiden Merkmalen der Fleischbeschaffenheit. In den Merkmalen des Schlachtkörperwertes ergeben sich aktuell (noch) leichte Vorteile für die mischerbig stressstabilen Eber (Nn), die sich jedoch in den letzten Jahren nachweislich tendenziell verringert haben. Unter der Annahme einer Fortsetzung dieser Entwicklung verspricht eine vollständige Merzung des n-Allels in der Piétrainpopulation höhere tägliche Zunahmen sowohl in Reinzucht als auch in Kreuzung, weniger Fleischbeschaffenheitsmängel und einheitlichere Mastendprodukte bei nahezu gleich bleibenden Muskelfleischanteilen.
Keywords/Stichworte:Schwein, Stationsprüfung, MHS, genetischer Trend, Genotyp-Umwelt-
Interaktion
Das Ziel der vorliegenden Untersuchung liegt in der genetischen Gegenüberstellung von in den letzten Jahren geprüften Piétrainebern mit den beiden MHS-Status homozygot stressstabil (NN) und heterozygot stressstabil (Nn) anhand sechs wirtschaftlich wichtiger Merkmale (tägliche Zunahme, Rückenmuskelfläche, Schinkenanteil, Muskelfleischanteil, pH1-Kotelett, Fleischhelligkeit), um die Auswirkungen nach einer Fortsetzung der aktuell stattfindenden MHS-Sanierung im Eberbestand, d.h. bei einem Verzicht auf den Einsatz von Anlageträgern, beurteilen zu können. Die Daten stammen von insgesamt 11.422 Schweinen aus zwei Leistungsprüfungsstationen Niedersachsens aus den Jahren 2000 bis 2007. Bei den untersuchten Herkünften handelt es sich um Reinzucht- (Piétrain) und Kreuzungszuchttiere (Piétrain*(Deutsche Landrasse*Deutsches Edelschwein)). Die Reinzuchttiere wurden in beiden Stationen in Zweiergruppen gehalten, und die Kreuzungen wurden sowohl in Zweier- (beide Stationen) als auch in Zehnergruppen (eine Station) geprüft. Resultierend daraus erfolgte die Definition von drei Tiergruppen, und zwar bildeten alle Reinzuchttiere sowie die Kreuzungstiere aus den Zweiergruppen und die Kreuzungen aus den Zehnergruppen jeweils eine Gruppe. Die Schätzung der Varianzkomponenten mit anschließender Zuchtwertschätzung erfolgte innerhalb Merkmal für die drei Tiergruppen gleichzeitig mit einem Tiermodell unter der Verwendung der Methode Reml. Die Auswertungsmodelle enthielten die fixen Effekte Aufstallungsmonat innerhalb Station (Mastleistung), Schlachttag innerhalb Station (Schlachtkörperwert und Fleischbeschaffenheit) und für alle Merkmale die Regression auf das Schlachtgewicht sowie die zufälligen Effekte der Prüfgruppe und des Tieres. Zwischen den Reinzuchttieren und den Kreuzungen in der Zweierbucht betragen die genetischen Korrelationen rg = 0,67 bis rg = 0,99, zwischen den Reinzuchttieren und den Kreuzungen in den Zehnergruppen rg = 0,56 bis rg = 0,77 und zwischen den beiden Kreuzungsgruppen rg = 0,70 bis rg = 0,99. Genotyp-Umwelt-Interaktionen in Form deutlicher Rangverschiebungen wären demnach zwischen Reinzucht und Kreuzung in den Zweiergruppen in den Merkmalen tägliche Zunahme und pH1-Kotelett sowie zwischen Reinzucht und Kreuzung in den Zehnergruppen in allen Merkmalen möglich. Auf die Prüfung reinerbig stressempfindlicher Eber (nn) wird aktuell fast vollständig verzichtet, gleichzeitig liegt der Anteil der mischerbig stressstabilen Eber (Nn) bei über 50 %. Die durchschnittlichen Zuchtwerte zeigen im Verlauf der Geburtsjahre 1999 bis 2005 genetische Überlegenheiten der reinerbig stressstabilen Eber (NN) in der täglichen Zunahme und in den beiden Merkmalen der Fleischbeschaffenheit. In den Merkmalen des Schlachtkörperwertes ergeben sich aktuell (noch) leichte Vorteile für die mischerbig stressstabilen Eber (Nn), die sich jedoch in den letzten Jahren nachweislich tendenziell verringert haben. Unter der Annahme einer Fortsetzung dieser Entwicklung verspricht eine vollständige Merzung des n-Allels in der Piétrainpopulation höhere tägliche Zunahmen sowohl in Reinzucht als auch in Kreuzung, weniger Fleischbeschaffenheitsmängel und einheitlichere Mastendprodukte bei nahezu gleich bleibenden Muskelfleischanteilen.