Züchtungskunde, 90, (6) S. 476-490, 2018, ISSN 0044-5401
© Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart
Scientific Articles
Zucht auf Futteraufnahme bei Milchkühen mit Hilfe der genomischen Selektion
Imke Harder1 ; E. Stamer2 ; W. Junge1 ; G. Thaller1 ; 1 Institut für Tierzucht und Tierhaltung, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, D-24098 Kiel; E-Mail: iharder@tierzucht.uni-kiel.de; wjunge@tierzucht.uni-kiel.de; gthaller@tierzucht.uni-kiel.de ; 2 TiDa Tier und Daten GmbH, D-24259 Westensee/Brux; E-Mail: estamer@tierzucht.uni-kiel.de
Das Merkmal Futteraufnahme hat erst kürzlich an Bedeutung gewonnen, da es wesentlich für die leistungsgerechte Versorgung und die Gesunderhaltung der Hochleistungsmilchkühe ist. Auch wenn ein Energiedefizit zu Laktationsbeginn als normale Reproduktionsstrategie gilt, so führt die hohe genetische Veranlagung für Milchleistung zu einem deutlich stärker ausgeprägten Defizit. Durch eine Erhöhung der aufgenommenen Futtermenge zu Laktationsbeginn kann das ausgeprägte Energiedefizit verringert werden und verbessert dadurch die Stoffwechselstabilität der Milchkühe.
Mit dem Projekt optiKuh wurde ein einzigartiger Datensatz zur Messung der Futteraufnahme und darauf aufbauend zur genomischen Selektion für die Futteraufnahme zu Laktationsbeginn geschaffen. Hierfür standen zunächst Phänotypen von insgesamt 1.374 Holstein-Friesian Kühen mit 40.012 wöchentlichen Futteraufnahmedaten und einem Mittelwert von 21,8 ± 4,3 kg/Tag sowie von 327 Fleckvieh Kühen mit 16.996 wöchentlichen Futteraufnahmedaten und einem Mittelwert von 20,2 ± 3,6 kg/Tag zur Verfügung.
Für die Laktationskurven wurde ein Random Regression Modell verwendet, wobei für die fixe Laktationskurve die Ali und Schaeffer Funktion und für den zufälligen permanenten Umwelteffekt und den zufälligen additiv genetischen Effekt jeweils das Legendre Polynom 3. Grades angepasst wurde.
Die genomische Zuchtwertschätzung konnte aktuell nur für die Rasse Holstein-Friesian durchgeführt werden. Für die anschließende Schätzung der Parameter und die Varianzkomponenten- und Zuchtwertschätzung wurde das Programm DMU genutzt.
Hierfür wurde der Datensatz von insgesamt 1.128 genotypisierten und 35 geno- aber nicht phänotypisierten Kühen in zwei Teile untergliedert: zum einen in einen pedigreebasierten Ansatz und zum anderen in einen kombinierten Ansatz aus Pedigree- und Genotypinformation („single-step“).
Die genomisch geschätzten Heritabilitäten bewegen sich im Laktationsverlauf in einem Bereich von 0,21 bis 0,47 und weisen zu Laktationsanfang ein höheres Niveau im Vergleich zu den konventionellen Werten auf.
Mit der anschließenden Zuchtwertschätzung im Merkmal Futteraufnahme konnten durch die Einbeziehung von genomischer Verwandtschaft hohe Sicherheiten erzielt werden. Für die 35 nicht phänotypisierten Kühe konnte die Sicherheit um nahezu 10% gesteigert werden gegenüber der Variante ohne genomische Verwandtschaft, d.h. rein pedigreebasiert.
optiKuh; Futteraufnahme; Energiebilanz; genomische Zuchtwertschätzung
Breeding evaluation for the trait feed intake in dairy cows with the help of genomic selection
At the beginning of lactation, high performing dairy cows often experience a severe energy deficit, which in turn is strongly associated with metabolic diseases. Increasing feed intake in this period could improve the metabolic stability and thus the health of the animals. Genomic selection enables for the first time the inclusion of this hard-to-measure trait in breeding programs.
For this purpose, in the project optiKuh 1.374 Holstein-Friesian (HF) dairy cows and 327 Simmental cattle (SI) were phenotyped, where feed intake data recording was standardized across farms. After data editing phenotypic data comprised a total of 40,0012 (HF) and 16,996 (SI) average weekly dry matter intake records with a mean of 21.8 ± 4.3 kg/d for HF and 20.2 and ± 3.6 kg/d for SI.
For the subsequent breeding value estimation, data of SI could not be used due to a small data set resulting in not converting estimation runs. 1,128 of HF phenotyped cows were genotyped and 35 animals were genotyped but not phenotyped. Variance components and breeding values were estimated using both, pedigree relationships and single-step genomic evaluation, each carried out with the DMU software package. With the underlying random regression model the fix Lactation stage was modeled by the function of Ali and Schaeffer, and for both, the random permanent environmental effect and the random additive genetic effect, third-order Legendre polynomials were chosen. Heritability estimates ranged between 0.21 and 0.47 and increased towards the end of lactation. For the genotyped cows with no phenotypic records, the inclusion of genomic relationship improves the average reliability of the breeding value for feed intake by nearly 10%.
optiKuh; feed intake; energy balance; genomic breeding value estimation