Züchtungskunde, 88, (6) S. 456-474, 2016, ISSN 0044-5401
© Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart
Scientific Articles
Verzicht auf das Schnabelkürzen bei Puten
– wo stehen wir in Deutschland?
Katja Kulke1 ; Birgit Spindler1 ; Nicole Kemper1 ; 1 Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, Institut für Tierhygiene, Tierschutz und Nutztierethologie, Bischofsholer Damm 15, 30173 Hannover, E:Mail: Katja.Kulke@tiho-hannover.de
Im September 2014 wurde durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft die Initiative „Eine Frage der Haltung – Neue Wege für mehr Tierwohl“ vorgestellt. Das erklärte Ziel der Initiative lautet, die routinemäßige Durchführung nichtkurativer Eingriffe bei Nutztieren zu beenden. Auch das bei Puten durchgeführte Kürzen der Schnabelspitze, das dazu dient, die Schäden durch Federpicken und Kannibalismus zu minimieren, zählt zu diesen nichtkurativen Eingriffen. Für die deutsche Geflügelwirtschaft stellt der Verzicht auf das Schnabelkürzen jedoch eine große Herausforderung dar, da zum jetzigen Zeitpunkt keine ausreichenden Erkenntnisse zu den Ursachen dieser Verhaltensstörungen existieren. Erfahrungen im Hinblick auf die Haltung von Tieren mit intaktem Schnäbeln liegen derzeit nur im ökologischen Landbau vor, fehlen aber für die konventionelle Haltung von Puten. Mögliche Ansätze, die zur Vermeidung des Auftretens von Federpicken und Kannibalismus beitragen sollen, werden derzeit in der Anreicherung der Haltungsumwelt durch Beschäftigungsmaterialen und Strukturelemente gesehen. Außerdem sollen Managementmaßnahmen, wie ein frühzeitiges Separieren von verletzten Tieren, dazu beitragen, Tierverluste durch Federpicken und Kannibalismus zu reduzieren. Weitere Einflussfaktoren wie die Besatzdichte, die Futterstruktur- und Zusammensetzung und der Einfluss der Lichtintensität werden zurzeit noch erforscht. Dennoch steht bereits jetzt fest, dass bei einem Verzicht auf das Kürzen der Schnabelspitze die erforderliche Optimierung von Haltung und Management mit einem deutlichen personellen Mehraufwand verbunden sein wird.
Federpicken; Kannibalismus; Haltungsanreicherung; Stallstrukturierung; Beschäftigungsmaterial
A waiver of beak-trimming in turkeys – current situation in Germany
In September 2014 the German Federal Ministry for Food and Agriculture presented an initiative called “A question of animal husbandry – new ways for more animal welfare”. The issue of this initiative is to terminate a routinely implementation of non-curative surgeries in livestock. Also beak-trimming, a method used to minimize injuries caused by feather-pecking and cannibalism in turkeys, belongs to these non-curative surgeries. However, a waiver of beak-trimming is a major challenge for the German poultry industry, due to the only incomplete knowledge on the causes of these behavioral disorders. In Germany experiences on keeping untrimmed turkeys just exist in organic farming, but are completely missing for commercial farming. Environmental enrichment is believed to have a key function in the prevention of feather pecking. For this purpose, different kinds of structural elements and manipulable materials can be used. Although management tools, like an early separation of injured turkeys from the flock, should contribute towards reducing losses caused by feather pecking and cannibalism. Other influencing factors, which are currently examined, are stocking density, light intensity and the composition and structure of diets. By now, it is clear, that a waiver of beak-trimming, necessitating optimized husbandry conditions and special kinds of management tools, will be associated with a significant increase in staff resources.
feather pecking; cannibalism; environmental enrichment; stable structuring; manipulable materials