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Züchtungskunde, 84, (2) S. 103-128, 2012, ISSN 0044-5401
© Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart

Aus der Geschäftsstelle der DGfZ

Positionspapier der DGfZ-Projektgruppe
Klimarelevanz in der Nutztierhaltunga

Schwerin ; a Mitwirkende: Bettina Bongartz, Hubert Cramer, Brigitte Eurich-Menden, Gerhard Flachowsky, Matthias Gauly, Alois Heißenhuber, Dirk Höppner, Jens Ingwersen, Otto-Werner Marquardt, Annette Menzel, Bernhard Osterburg, Friedhelm Taube, Gerhard Wittkowski

Die Ernährungssicherung und der Klimawandel stellen die großen globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts dar. Auf Grund der ernährungsphysiologischen Besonderheiten des tierischen Proteins bilden Milch, Fleisch, Fisch und Eier bedeutsame Bestandteile einer ausgewogenen und gesunden Ernährung des Menschen. Die weltweit wachsende Bevölkerung, der zunehmende Wohlstand in den Schwellenländern und die Änderung der Verzehrsgewohnheiten werden die Nachfrage nach Lebensmitteln tierischer Herkunft bis zum Jahr 2050 annähernd verdoppeln.

Neben der bedarfsgerechten Versorgung des Menschen mit hochwertigen Lebens​mitteln ist die Tierproduktion von großer Bedeutung für die Zukunftssicherung des ländlichen Raumes in Deutschland. Sie ist mit ca. 1,5 Mio. Beschäftigten als stabiler und verlässlicher Arbeitgeber ein wichtiger Bestandteil des deutschen Arbeitsmarktes sowie der regionalen Wirtschaftsstruktur. Durch die Erhaltung und Pflege der Kulturlandschaft sowie die Sicherung der Lebensgrundlagen leistet die Nutztierhaltung darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zur Lebensqualität, Attraktivität und zum Freizeitwert länd​licher Räume.

Der prognostizierte Klimawandel wird erhebliche Auswirkungen auf die Nutztierhaltung haben. Durch die für Mitteleuropa erwarteten regionalen Temperaturerhöhungen, Niederschlagsänderungen und Zunahme von Extremwetterereignissen ist nicht nur mit Hitzestress und dadurch bewirkte Belastungen und Minderleistungen der Tiere, sondern auch mit einer signifikant veränderten Futtergrundlage (veränderte Zusammensetzung der Futterpflanzen, verminderte Erträge im Futterbau, diskontinuierliche Futterver​fügbarkeit) sowie einer veränderten Infektionsdynamik und regionalen Verteilung von Krankheiten zu rechnen.

Neben den unmittelbaren Auswirkungen des Klimawandels wird die Nutztierhaltung auch mittelbar von Veränderungen bei Ressourcen, Zulieferung und Nachfrage nach Nahrungsmitteln oder Bioenergie wesentlich beeinflusst. So z.B. werden geringere Erträge im Futterbau, ein verminderter Futterwert der Pflanzen und eine diskontinuierliche Futterverfügbarkeit zu steigenden Futterpreisen und damit erhöhten Produktionskosten führen, wobei die langfristigen Ertragsaussichten Bodenpreise und Pachten beeinflussen werden. Über den Weltmarkt ist Deutschland auch von Energiepreisen, Ernteerträgen und Nahrungsbedarf in anderen Erdteilen betroffen, die sich mit dem Klimawandel verändern.

Gleichzeitig trägt die Nutztierhaltung zur Emission der wichtigsten Treibhausgase Methan, Kohlendioxid und Lachgas bei. Die berechneten direkten Emissionen der drei zentralen Treibhausgase (THG) Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O) (sowie indirekt Ammoniak (NH3)) aus der Landwirtschaft beliefen sich im Jahr 2008 auf 134,6 Mio. t CO2-Äquivalente (CO2Äq) und damit auf 13,9% der gesamten Treibhaus​gasemissionen in Deutschland. Damit besitzt die Landwirtschaft, einschließlich der Nutztierhaltung, ein begrenztes Potenzial, einen Beitrag zur Minderung der Treibhaus​gasemission in Deutschland zu leisten.

Die wichtigsten Quellen für THG in der Landwirtschaft stellen die landwirtschaft​lichen Böden, die Stickstoffdüngerherstellung und -nutzung sowie die Verdauung der Nutztiere dar. Die Höhe der landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen hängt entscheidend vom Produktionssystem und -niveau sowie der Produktivität ab. N2O-Emis​sionen werden wesentlich durch die Art und Intensität der Futtererzeugung bestimmt, während CH4-Emissionen fast ausschließlich aus der Wiederkäuerverdauung stammen. CO2-Emissionen werden sowohl durch die betriebsbedingten Emissionen im gesamten Produktionsprozess als auch durch die Landnutzung und vor allem Landnutzungs​änderungen (Umwandlung von Grünland in Acker, Waldrodung) über die Kohlenstofffestlegung im Boden verursacht. In Deutschland sind die Verdauung der Nutztiere, insbesondere der Wiederkäuer, mit 19,5 Mio. t CO2Äq/a, das Wirtschaftsdüngermanagement mit 8,0 Mio. t CO2Äq/a sowie die Bodennutzung bzw. Landnutzungsänderung mit rund 85 Mio. t CO2Äq/a für den größten Anteil an THG-Emissionen in der Landwirtschaft ursächlich verantwortlich.

Mit diesem Positionspapier sollen zum einen die klimarelevanten Aspekte der Nutztierhaltung dargestellt, mögliche Emissionsminderungspotenziale aufgezeigt und einer systemischen Nachhaltigkeitsbetrachtung unterzogen werden. Zum anderen werden, basierend auf ganzheitlichen Systembetrachtungen, die möglichen Auswirkungen des prognostizierten Klimawandels auf die europäische Nutztierhaltung erörtert und mög​liche Anpassungsstrategien im Bereich von Tierzucht und -haltung abgeleitet.

Tierproduktion; Klimawandel; Anpassungsstrategien; Treibhausgasminderungsstrategien


Climate change as a challenge for future livestock farming in Germany and Central Europe

Food security and climate change are the most important global challenges of the 21. century. Milk, meat, fish and eggs represent an important part of a healthy and well-balanced human diet, because of the nutritional value of protein of animal origin. The worldwide rising population and the increasing wealth in the emerging nations and changing consumer behaviour will cause a duplication of the demand for food of farm animal origin until the year 2050.

Beside the supply of high quality food for human nutrition, animal production has a high impact on safeguarding the future rural areas in Germany. About 1.5 million employees are working in this field and therefore it provides a significant and reliable employment in Germany. Furthermore, animal production guarantees the conservation and care of the cultural landscape and contributes to the attractiveness and recreational value of rural areas.

The forecasted climate change will have an important impact on animal production. In Central Europe, regionally increased temperatures, precipitation changes and extreme weather events will not only cause heat stress induced lower productivity in farm animals, but also changing feed structure and capacity as well as alterations in infection dynamics and regional distribution of diseases.

Besides these direct influences of the climate change, farm animal husbandry will be influenced indirectly by changes in resources, supply and demand for food or of bio-energy. For example, lower output in crop production, lower feed value of crops will result in higher production costs in that future harvests will have an impact on land prices and leasing rates.

The global changes in energy prices, harvest yield and the increasing demand for food in other continents will further have an impact on the German market.

At the same time, animal production contributes to the emissions of the main greenhouse gases such as methane (CH4), carbon dioxide (CO2) and nitrous oxide (N2O). The calculated direct emissions of these three greenhouse gases (GHG) from agriculture accounts to 134.6 million t CO2-äquivalents (CO2Äq) in 2008 and therefore has a share of 13.9% of all greenhouse gas emissions in Germany. Therefore, in Germany agriculture including animal production has a rather limited GHG mitigation potential.

Arable land use, the production and application of fertilizer as well as the digestive system of farm animals are the main GHG sources in agriculture. The type and level of production system and its efficiency significantly affect greenhouse gas emissions. N2O-emissions are mainly caused through the type and intensity of feed production, whereas CH4-emissions are almost exclusively caused by volatile gases from the digestion of ruminants. CO2-emissions are caused through both operational emissions along the whole production process and land use, in particular changes in land use such as retrogression from grassland to arable land or forest clearance.

Emissions from the digestion of ruminants (19.5 Mill. t CO2Äq/a), the management of the mineral fertilizer (8.0 Mill. t CO2Äq/a), land use and changes in land use (85 Mill. t CO2Äq/a), respectively, mainly contribute to the overall GHG-emissions from agriculture in Germany.

The aim of this policy document is to highlight climate relevant aspects of the animal production systems, to identify possible emission mitigation potentials and to put them into the context of a systemic view on sustainability. Furthermore, potential conse​quences of the climate change on European animal production systems and adaption strategies for animal breeding and husbandry are discussed on the basis of a holistic systemic view.

Animal production; climate change; adaptation strategies; greenhouse gas emission; mitigation strategies


Impact Factor (SCI) 2023: 0.3

 5-Jahres-Impact-Factor (SCI) 2023: 0.2

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