Züchtungskunde, 91, (1) S. 25-34, 2019, ISSN 0044-5401
© Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart
Scientific Articles
Neue Möglichkeiten in der Tierzucht durch
die zunehmende Digitalisierung
R. Reents1 ; 1 Vereinigte Informationssysteme Tierhaltung w.V. (vit), Heinrich-Schröder-Weg 1, 27283 Verden (Aller), info@vit.de
Die Rinderzucht hat über Jahrzehnte Daten gesammelt, die standardisiert erfasst werden und zentral zur Verfügung stehen. Dieser Datenbestand wurde seit vielen Jahren dazu verwendet, sehr sichere Bullenzuchtwerte aus der Nachkommenprüfung zu schätzen. Durch eine kostengünstige SNP – Genotypisierung und die Nutzung des zentral gehaltenen Datenbestandes für den Aufbau einer Lernstichprobe konnte die genomische Zuchtwertschätzung und die darauf aufbauende genomische Selektion sehr erfolgreich etabliert werden. Fortschritte in der Informationstechnologie, vor allem aber deutliche Kostenreduzierungen bei Sensoren, die biologische Merkmale permanent oder mit hoher Frequenz aufzeichnen, könnten bisher kostenaufwändig erhobene Daten ergänzen oder ersetzen. Außerdem gibt es noch mehrere wirtschaftlich wichtige Merkmalskomplexe, die bisher aus Kostengründen züchterisch nicht optimal bearbeitet werden konnten. Beispiele sind Körperkondition, Futteraufnahme und -verwertung und viele Verhaltensmerkmale. Erste Untersuchungen zeigen, dass die mittels Sensoren ermittelten Einzelwerte zum Teil nicht die gleiche (hohe) Genauigkeit haben wie die bisher aufwändig im Labor ermittelten Werte. Bei Fortschritten in der Kalibrierung der Messwerte und durch die vielen wiederholten Beobachtungen können bei vielen Merkmalen dennoch gleich hohe oder höhere Heritabilitäten erwartet werden.
Konventionelle und Genomische Zuchtwertschätzung; Sensoren in der Tierhaltung; Automatisches Melken; Neue Merkmale
New opportunities in animal breeding due to increasing digitization
Dairy cattle breeding has accumulated a valuable data set used for management and breeding. This led to highly reliable breeding values for progeny tested bulls. Due to international collaboration and standardization through organisations like Interbull and ICAR, individual bull breeding values have been used across borders to enhance the genetic gain. This standardized data has also been used to generate large reference populations for genomic evaluations, which is used in modern breeding programs to shorten the generation interval and thus to increase genetic progress. New developments in sensor technology have the potential to replace former costly data collection systems. Furthermore, phenotypes on new traits can be collected cost-efficiently on large amounts of animals and used for genetic improvement of these traits that could not be addressed so far. Examples are body condition, feed intake, feed conversion, and many behaviour traits.
First analyses show that data from many on-farm sensors are not yet as accurate as data from laboratory analyses, but technological progress of data calibration is expected. Together with the high amount of repeated measures, heritabilities might increase.
Classical and genomic genetic evaluation; sensors in animal husbandry; automated milking; novel traits