Züchtungskunde, 88, (6) S. 475-493, 2016, ISSN 0044-5401
© Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart
Scientific Articles
Legehennenhaltung mit intaktem Schnabel – Übersichtsbericht zum aktuellen Stand aus praktisch-wissenschaftlicher Sicht
Birgit Spindler1 ; Mona Franziska Giersberg1 ; R. Andersson2 ; Nicole Kemper1 ; 1 Institut für Tierhygiene, Tierschutz und Nutztierethologie, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, Bischofsholer Damm 15, 30173 Hannover, E-Mail: Birgit.Spindler@tiho-hannover.de ; 2 Studienschwerpunkt angewandte Geflügelwissenschaften (STANGE), Hochschule Osnabrück
Beim Kürzen der Schnabelspitze von Legehennen, zur Vermeidung schwerwiegender Schäden durch Federpicken und Kannibalismus, handelt es sich um einen schmerzhaften Eingriff, auf den EU-weit bereits in einigen Ländern verzichtet wird. Andere planen einen zeitnahen Ausstieg aus dem Schnabelkürzen, so auch Deutschland. Um das zukünftige Ziel, Herden mit intakten Schnäbeln zu halten, zu erreichen, ohne dass es dadurch zu vermehrten Problemen mit Federpicken und Kannibalismus kommt oder aber die Herden bereits prophylaktisch risikominimiert bei geringen Lichtverhältnissen ohne Tageslicht untergebracht werden, ist eine optimale Haltung und Versorgung der Jung- und Legehennen erforderlich. Bisherige wissenschaftliche und praktische Erfahrungen haben eine Reihe von Risikofaktoren in Haltung und Management ausmachen können. Als wesentliche Schlüsselfaktoren haben sich, neben einer möglichen züchterischen Beeinflussung und eine an die spätere Legeperiode angelehnte Aufzucht, eine an das Verhalten angepasste Unterbringung mit Zugang zu Sitzstangen, Einstreu und Beschäftigungsmaterial ebenso wie eine verhaltens- und leistungsgerechte Futterversorgung herausgestellt. Daneben nimmt das Stallklima ebenso wie die Beleuchtung entscheidend Einfluss auf das Verhalten der Tiere. Trotz optimaler Haltung und Versorgung kann das Risiko des Auftretens von Federpicken und Kannibalismus dennoch nicht gänzlich ausgeschaltet werden. Daher ist es entscheidend, beginnende Probleme sofort zu erkennen, wofür eine intensive fachkundige Tierbeobachtung und Überwachung erforderlich ist, um schnellstmöglich mit geeigneten Gegenmaßnahmen zu reagieren. Neben der Suche und dem Ausschalten möglicher Auslöser haben sich Gegenmaßnahmen, wie das zusätzliche Angebot von Beschäftigungsmaterial, die Gabe von Tränkwasser- und Futterzusätzen ebenso wie eine Anpassung der Lichtverhältnisse im Stall in der Praxis als effektiv erwiesen, die Situation in betroffenen Herden wieder zu beruhigen. Damit wird deutlich, dass der Verzicht auf das Schnabelkürzen zwingend einen Optimierungsbedarf in Haltung und Management sowie die Etablierung von Managementstrategien, Frühwarnsystemen und damit eine intensive fachkundige Betreuung und Begleitung erfordert. Dies ist nicht ohne einen personellen und finanziellen Mehraufwand zu realisieren.
Schnabelkürzen; Legehenne; Schmerzbeurteilung; Risikofaktoren
Keeping laying hens with untrimmed beaks – A Review of the status quo in practice and science
Although beak trimming in laying hens can prevent severe injuries caused by feather pecking and cannibalism, the procedure is nonetheless traumatic and has already been banned in a few European countries. Other EU member states, like Germany, are planning an abolition of beak trimming in the near future. However, optimal housing and management of pullets and laying hens are necessary if untrimmed flocks should be kept without causing increased damages due to feather pecking and cannibalism. Furthermore, it has to be ensured that laying hens with intact beaks are kept at sufficient lightning conditions to avoid new welfare issues. On the strength of past experience and research, several risk factors in husbandry and flock management which are positively associated with feather pecking and cannibalism could be identified. Important key factors are adequate breeding programs, rearing conditions which are adapted to the laying period, species appropriate housing with access to perches, litter and environmental enrichment and a diet appropriate for the hens’ behaviour and performance. In addition, the hens’ behaviour is influenced both by ambient climatic conditions and lightning intensities in the barn. Despite optimal housing and flock management, the risk of the occurrence of behavioural disorders, such as feather pecking and cannibalism cannot be eliminated completely. Therefore, it is crucial to recognize emerging problems in the flock at once and to intervene in time. This is only possible by competent monitoring and surveillance of the hens. In practice, the access to additional environmental enrichment materials, the supply of water- and feed additives as well as the modulation of the lightning conditions in the barn, have proven effective to calm down the situation in affected flocks. It becomes clear that the abolition of beak trimming in laying hens necessarily requires improvements in animal husbandry and flock management. These improvements include the establishment of new management tools and strategies, early-warning systems and most of all competent monitoring and surveillance of the flocks. However, the high requirements on housing and management can only be realized through additional financial and human effort.
beak trimming; laying hens; pain assessment; risk factors