Züchtungskunde, 83, (4/5) S. 302-314, 2011, ISSN 0044-5401
© Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart
Scientific Articles
Genomische Selektion: Ergebnisse von Zuchtplanungsrechnungen
H.H. Swalve1 ; S. König2 ; Monika Wensch-Dorendorf1 ; 1 Professur für Tierzucht, Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Theodor-Lieser-Str. 11, 06120 Halle (Saale), E-Mail: hermann.swalve@landw.uni-halle.de ; 2 Fachgebiet Tierzucht, Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften, Universität Kassel, Nordbahnhofstraße 1a, D-37213 Witzenhausen
Genomische Selektion meint die Auswahl von Tieren aufgrund der Information über ihr Genom, wobei hochdichte SNP-Arrays zur Genotypisierung verwendet werden. Die genomische Information kann dabei zur Schätzung eines Zuchtwertes herangezogen werden, weil die Effekte der einzelnen SNP vorher bereits in einer geeigneten Lernstichprobe geschätzt wurden. Die Größe der Lernstichprobe ist ein entscheidender Faktor, welcher die Sicherheit der genomischen Zuchtwertschätzung determiniert. Bei der Verwendung genomischer Zuchtwerte als Grundlage von Selektionsentscheidungen in Zuchtprogrammen ist, wie auch herkömmlich, der erzielbare Zuchtfortschritt eine lineare Funktion der Genauigkeit der Zuchtwertschätzung. Aus diesem Grund muss besonders auf eine ausreichende Größe der Lernstichprobe geachtet werden. Die Sicherheit der Zuchtwertschätzung ist weiterhin ein bestimmender Parameter für die Akzeptanz der genomischen Zuchtwerte. Erst bei einer Akzeptanz junger Bullen mit genomischen Zuchtwerten, welche den für Testbullenbesamungen üblichen Anteil übersteigt, können im gesamten Zuchtprogramm auch Kosten eingespart werden. Bezüglich der Frage, bei welchen Tieren auf den verschiedenen Pfaden der Selektion Genotypisierungen vorgenommen werden sollen, ist die Antwort eindeutig: Der Schwerpunkt ist auf die Typisierung von Bullenkälbern zu legen. Der Vorteil auch potenzielle Bullenmütter zu typisieren ist messbar, aber gering. Potenzielle Bullenmütter sollten nur dann auf Kosten der Zuchtorganisation typisiert werden, wenn die Kosten je Typisierung sehr niedrig sind oder hohe Erfolgsraten eines Embryotransfers vergleichsweise hohe Nachkommenzahlen je Kuh bewirken. So genannte low-density Chips mit lediglich ca. 4.000 gleichmäßig über das Genom verteilten SNP können zur Auswahl unter Selektionskandidaten genutzt werden, allerdings ist die Preisdifferenz zu dichteren Chips letztendlich das bestimmende Kriterium für ihre Nutzung. Gegenüber den bisher üblichen Standardchips mit ca. 50.000 SNP erbringen Chips mit größerer – sehr hoher – Dichte von SNP lediglich kleine Vorteile hinsichtlich der Individuen der Lernstichprobe und nur marginale Vorteile für die Selektion unter Kandidaten.
Milchrinder; Zuchtprogramme; genomische Selektion; Sicherheit der Zuchtwertschätzung
Genomic Selection: Results from breeding plan calculations
Genomic Selection is defined as the selection of animals based on information on their genomes which arises from genotyping using high-density SNP-arrays. Genomic information can be used for the estimation of breeding values since effects of individual SNP have been estimated from a suitable reference population. The size of the reference population is one important factor that determines the reliability of the estimated genomic breeding value. Alike to traditional selection, genetic gain is a linear function of the accuracy of genetic evaluations when using genomic breeding values as a basis for selection decisions in breeding programs. Therefore care must be taken to implement a reference population of a sufficient size. The reliability of genomic breeding values also is a factor that will determine the acceptance of genomic breeding values. A cost reduction in the breeding program is only possible if young bulls with genomic breeding values are accepted at a proportion that is above the usual proportion of inseminations of young bulls for progeny testing. With respect to the question, which animals should be genotyped within the breeding program as candidates on the different paths of selection the answer is clear without ambiguity: the focus should be on genotyping of bull calves. Genotyping of potential bull dams has significant yet only small advantages. Potential bull dams should only be genotyped on the expense of the breeding organization if the costs for genotyping would be rather low or if high success rates of embryo transfer lead to a clear increase of the reproductive rate of females. So-called low-density chips with around 4.000 SNP, evenly spaced across the genome, may be used for selection candidates; however, their application will be dependent on the price difference as compared to arrays of higher density. When compared to current SNP chips with around 50.000 SNP, chips with higher, much larger density will lead to only small advantages when used for individuals in the reference population and will have only marginal advantages for selection among candidates.
Dairy cattle; breeding plans; genomic selection; reliability of genetic evaluation