Züchtungskunde, 88, (6) S. 429-444, 2016, ISSN 0044-5401
© Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart
Scientific Articles
Die Kastration beim Schwein – Zielkonflikte und Lösungsansätze aus der Sicht des Tierschutzes
Ulrike Weiler1 ; V. Stefanski1 ; E. von Borell2 ; 1 Institut für Nutztierwissenschaften, Universität Hohenheim, Garbenstr. 17, 70599 Stuttgart, weiler@uni-hohenheim.de; volker.stefanski@uni-hohenheim.de ; 2 Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Theodor-Lieser-Str. 11, 06120 Halle; eberhard.vonborell@landw.uni-halle.de
Die Kastration von Hausschweinen wird heute bei Eberferkeln primär zur Verhinderung des unangenehmen Geschlechtsgeruchs sowie zur Verringerung des Aggressions- und Sexualverhaltens durchgeführt. Aufgrund des heutigen Wissens, dass die gängige Praxis Schmerzen und Leiden verursacht, ist die betäubungslose Kastration nach dem Deutschen Tierschutzgesetz nur noch bis Ende 2018 erlaubt. Der Übersichtsbeitrag analysiert die prinzipiell zur Verfügung stehenden Alternativverfahren im Hinblick auf Praktikabilität, Effizienz und Tierschutz: Spermasexing, Ebermast, Schlachtung vor der Geschlechtsreife, immunologische Unterdrückung der Hodenfunktion („Immunokastration“) sowie Narkose. Die favorisierte Ebermast ist unter den gegenwärtigen Haltungs- und Managementbedingungen aufgrund der gegenseitigen Verletzungsgefahr für die Tiere problematisch. Unter Tierschutzaspekten zu favorisierende Varianten wären die Schlachtung vor der Pubertät bzw. die Immunokastration, um das Auftreten kritischer Verhaltensweisen zu reduzieren und den Ebergeruch zu kontrollieren. Da vor der Implementierung neuer Haltungs- und Produktionsverfahren noch erheblicher Forschungsbedarf besteht, um die Folgen realistisch abzuschätzen, dürfte derzeit neben der Jungebermast die Immunokastration die einzig kurzfristig und flächendeckend einzusetzende Option sein.
Eber; Kastration; Tierschutz; Praktikabilität; Effizienz
Castration of pigs – conflicting aims and possible solutions from an animal welfare point of view
Castration of male domestic piglets is mainly performed to prevent unpleasant boar taint and to reduce aggression and sexual behaviour among pigs. Based on the current knowledge that castration causes pain and suffering, castration without anaesthesia will be banned by the German animal welfare legislation by the end of 2018. This review analyses different alternative options for practicability, efficiency and animal welfare impact: Sperm-sexing, raising entire males, early slaughter before puberty, immunological vaccination against boar taint (immunocastration) and anaesthesia. The often favoured option of fattening entire males is problematic because of the risk for injuries under current housing and management conditions. Early slaughtering before puberty and immunocastration are favourable options in order to reduce critical behaviours and control for boar taint. Raising entire young males and immunocastration seem to be the preferred short term and widely usable option, as the implementation of new housing and management systems would necessitate a significant effort in research.
Entire males; castration; animal welfare; practicability; efficiency