Züchtungskunde, 79, (5) S. 394 – 414 2007, ISSN 0044-5401
Kritische Kontrollpunkte (CCP) in der Mastrinderhaltung
A. Sundrum
Zusammenfassung:
Trotz der vielfältigen tierschutzrelevanten Risiken, denen Mastrinder in den vorherrschenden Haltungsverfahren ausgesetzt sind, finden Aspekte des Tierschutzes bei der Rindfleischerzeugung in der breiten Öffentlichkeit bislang wenig Beachtung. Auf der anderen Seite besteht ein hoher Wettbewerbsdruck auf die Produktionskosten, der den Landwirten nur sehr geringe finanzielle Spielräume belässt, das Platzangebot und die Aufwendungen für tierschutzförderliche Maßnahmen deutlich zu erhöhen. In Europa werden die meisten Mastrinder auf Vollspaltenböden gehalten. Bei dieser Haltungsform sind insbesondere die Haut einschließlich der Schwanzspitze und die Klauen der Tiere schadensgefährdet. Bei hoher Besatzdichte bestehen ferner Gesundheitsrisiken durch virale, bakterielle und parasitäre Krankheitserreger. Auch sind die Möglichkeiten zur Ausübung arteigenen Verhaltens durch beengte räumliche Verhältnisse erheblich eingeschränkt. Allerdings sind auch Haltungsbedingungen mit erhöhter Flächenausstattung und eingestreuten Liegeflächen nicht frei von Gesundheitsrisiken (insbesondere Klauenerkrankungen). Um den Landwirten ein geeignetes Instrumentarium zur Verbesserung des Tierschutzes an die Hand zu geben, wurden kritische Kontrollpunkte für das Tierverhalten und für die Tiergesundheit und Tierhygiene sowie für das Management definiert unter Einbeziehung der gesetzlichen Mindestanforderungen und in ein umfassendes Gesamtkonzept (CCP-Konzept) integriert. Das CCP-Konzept für Mastrinder kann dazu beitragen, dem Ziel einer tiergerechten Haltung von Mastrindern durch Beachtung der für die Tiergerechtheit relevanten Kontrollpunkte näher zu kommen. Allerdings sollten sich die Anstrengungen nicht nur auf die Umsetzung und Kontrolle von kritischen Kontrollpunkten beschränken, sondern sich überdies ergebnisorientiert an Merkmalen der Tiergesundheit wie z. B. Schlachtkörperbefunden ausrichten. Angesichts der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wird geschlussfolgert, dass die zeitlichen und monetären Mehraufwendungen für die Verbesserung der Tiergerechtheit in der Regel nur von solchen Betrieben erbracht werden können, die den Wünschen einer wachsenden Zahl von Verbrauchern nach hochwertigem Fleisch aus tiergerechten Haltungsverfahren Rechnung tragen und adäquate Mehrerlöse am Markt realisieren können.
Keywords/Stichworte:Mastrinder, Haltung, Management, Tiergerechtheit, Kontrollpunkte
Trotz der vielfältigen tierschutzrelevanten Risiken, denen Mastrinder in den vorherrschenden Haltungsverfahren ausgesetzt sind, finden Aspekte des Tierschutzes bei der Rindfleischerzeugung in der breiten Öffentlichkeit bislang wenig Beachtung. Auf der anderen Seite besteht ein hoher Wettbewerbsdruck auf die Produktionskosten, der den Landwirten nur sehr geringe finanzielle Spielräume belässt, das Platzangebot und die Aufwendungen für tierschutzförderliche Maßnahmen deutlich zu erhöhen. In Europa werden die meisten Mastrinder auf Vollspaltenböden gehalten. Bei dieser Haltungsform sind insbesondere die Haut einschließlich der Schwanzspitze und die Klauen der Tiere schadensgefährdet. Bei hoher Besatzdichte bestehen ferner Gesundheitsrisiken durch virale, bakterielle und parasitäre Krankheitserreger. Auch sind die Möglichkeiten zur Ausübung arteigenen Verhaltens durch beengte räumliche Verhältnisse erheblich eingeschränkt. Allerdings sind auch Haltungsbedingungen mit erhöhter Flächenausstattung und eingestreuten Liegeflächen nicht frei von Gesundheitsrisiken (insbesondere Klauenerkrankungen). Um den Landwirten ein geeignetes Instrumentarium zur Verbesserung des Tierschutzes an die Hand zu geben, wurden kritische Kontrollpunkte für das Tierverhalten und für die Tiergesundheit und Tierhygiene sowie für das Management definiert unter Einbeziehung der gesetzlichen Mindestanforderungen und in ein umfassendes Gesamtkonzept (CCP-Konzept) integriert. Das CCP-Konzept für Mastrinder kann dazu beitragen, dem Ziel einer tiergerechten Haltung von Mastrindern durch Beachtung der für die Tiergerechtheit relevanten Kontrollpunkte näher zu kommen. Allerdings sollten sich die Anstrengungen nicht nur auf die Umsetzung und Kontrolle von kritischen Kontrollpunkten beschränken, sondern sich überdies ergebnisorientiert an Merkmalen der Tiergesundheit wie z. B. Schlachtkörperbefunden ausrichten. Angesichts der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wird geschlussfolgert, dass die zeitlichen und monetären Mehraufwendungen für die Verbesserung der Tiergerechtheit in der Regel nur von solchen Betrieben erbracht werden können, die den Wünschen einer wachsenden Zahl von Verbrauchern nach hochwertigem Fleisch aus tiergerechten Haltungsverfahren Rechnung tragen und adäquate Mehrerlöse am Markt realisieren können.