Züchtungskunde, 76, (6) S. 395–402, 2004, ISSN 0044-5401
Internationale Tendenzen der Tierzüchtung und die Rolle der Zuchtunternehmen
R. PREISINGER
Zusammenfassung:
Die künstliche Besamung ist der wesentliche Bestimmungsfaktor für die Zuchtstrukturen bei landwirtschaftlichen Nutztieren. Beim Geflügel bestehen erhebliche Vorteile im Zuchtaustausch, da Eintagsküken und Bruteier an jeden Ort der Welt versandt werden können. Die Wettbewerbsposition einer Züchtervereinigung bzw. eines Zuchtunternehmens wird maßgeblich von der Selektionsstrategie und der Gewichtung der einzelnen Merkmale bestimmt. Der Zuchtfortschritt muß möglichst zügig auf die Produktionsstufe übertragen werden. Je größer der Kundenkreis, umso höher die Wertschöpfung. Voraussetzung ist allerdings, dass der Leistungsvorsprung für den Erzeuger nachvollziehbar bzw. messbar ist. Herkunftsprüfungen mit stark begrenztem Umfang liefern nur unvollständige Entscheidungsgrundlagen. Zur Maximierung des Zuchtfortschritts sollte die Zuchtzieldefinition möglichst einfach gehalten werden und auf Einfachnutzung statt auf Zweinutzung ausgerichtet sein. Die Rinderzucht ist ausschließlich genossenschaftlich organisiert und überwiegend auf den nationalen Spermaabsatz ausgerichtet. Eine international vergleichbare Zuchtwertschätzung ist die Voraussetzung für eine stärkere Globalisierung. In Europa ist die Schweinezucht etwa zur Hälfte privatwirtschaftlich bzw. genossenschaftlich organisiert. Der nationale Marktanteil eines einzelnen Unternehmens liegt unter 25 %. Die Geflügelzucht ist weltweit ausschließlich privatwirtschaftlich organisiert. Im Bereich Legehennen, Masthähnchen und Puten sind weltweit jeweils weniger als fünf Unternehmen tätig. Da jeder Züchter seine Produktpalette ständig erweitert, bleibt die Produktvielfalt weitestgehend erhalten. Mit steigenden Anforderungen an die Qualität der Produkte werden die Zuchtziele immer komplexer, und die Kosten der Leistungsprüfung steigen. Die Zuchtziele müssen in immer kürzeren Zeitabständen überarbeitet werden. Mit wachsender Globalisierung der Märkte hinterfragen die Produzenten mehr denn je das genetische Potential der Tiere. Vermarktung und Service entscheiden mehr und mehr über den Erfolg der Unternehmen. Je besser es gelingt, die Reproduktionsrate der Zuchttiere zu steigern, umso mehr gewinnen Zuchtunternehmen an Bedeutung. Bei allen landwirtschaftlichen Nutztieren wird die Zahl der Zuchtvereinigungen bzw. Zuchtunternehmen weiter stark rückläufig sein, und die Abstufung vom Schaf über Rind und Schwein bis hin zum Geflügel bleibt bestehen. Mit steigendem Kostendruck wird dieser Prozess beschleunigt.
Keywords/Stichworte:Tierzuchtunternehmen, Rind, Schwein, Geflügel
Die künstliche Besamung ist der wesentliche Bestimmungsfaktor für die Zuchtstrukturen bei landwirtschaftlichen Nutztieren. Beim Geflügel bestehen erhebliche Vorteile im Zuchtaustausch, da Eintagsküken und Bruteier an jeden Ort der Welt versandt werden können. Die Wettbewerbsposition einer Züchtervereinigung bzw. eines Zuchtunternehmens wird maßgeblich von der Selektionsstrategie und der Gewichtung der einzelnen Merkmale bestimmt. Der Zuchtfortschritt muß möglichst zügig auf die Produktionsstufe übertragen werden. Je größer der Kundenkreis, umso höher die Wertschöpfung. Voraussetzung ist allerdings, dass der Leistungsvorsprung für den Erzeuger nachvollziehbar bzw. messbar ist. Herkunftsprüfungen mit stark begrenztem Umfang liefern nur unvollständige Entscheidungsgrundlagen. Zur Maximierung des Zuchtfortschritts sollte die Zuchtzieldefinition möglichst einfach gehalten werden und auf Einfachnutzung statt auf Zweinutzung ausgerichtet sein. Die Rinderzucht ist ausschließlich genossenschaftlich organisiert und überwiegend auf den nationalen Spermaabsatz ausgerichtet. Eine international vergleichbare Zuchtwertschätzung ist die Voraussetzung für eine stärkere Globalisierung. In Europa ist die Schweinezucht etwa zur Hälfte privatwirtschaftlich bzw. genossenschaftlich organisiert. Der nationale Marktanteil eines einzelnen Unternehmens liegt unter 25 %. Die Geflügelzucht ist weltweit ausschließlich privatwirtschaftlich organisiert. Im Bereich Legehennen, Masthähnchen und Puten sind weltweit jeweils weniger als fünf Unternehmen tätig. Da jeder Züchter seine Produktpalette ständig erweitert, bleibt die Produktvielfalt weitestgehend erhalten. Mit steigenden Anforderungen an die Qualität der Produkte werden die Zuchtziele immer komplexer, und die Kosten der Leistungsprüfung steigen. Die Zuchtziele müssen in immer kürzeren Zeitabständen überarbeitet werden. Mit wachsender Globalisierung der Märkte hinterfragen die Produzenten mehr denn je das genetische Potential der Tiere. Vermarktung und Service entscheiden mehr und mehr über den Erfolg der Unternehmen. Je besser es gelingt, die Reproduktionsrate der Zuchttiere zu steigern, umso mehr gewinnen Zuchtunternehmen an Bedeutung. Bei allen landwirtschaftlichen Nutztieren wird die Zahl der Zuchtvereinigungen bzw. Zuchtunternehmen weiter stark rückläufig sein, und die Abstufung vom Schaf über Rind und Schwein bis hin zum Geflügel bleibt bestehen. Mit steigendem Kostendruck wird dieser Prozess beschleunigt.