Züchtungskunde, 80, (1) S. 61 – 66, 2007, ISSN 0044-5401
Blick in die Zukunft: Beiträge der Biotechnologie zur Tierzucht von morgen
H. Niemann
Zusammenfassung:
Im Verlauf der Menschheitsgeschichte haben Tierzucht und Tierproduktion bedeutsame Beiträge zur Verbesserung der menschlichen Lebensbedingungen und der menschlichen Gesundheit geliefert. Die jüngsten Fortschritte in der Molekulargenetik bei Nutztieren sind nicht nur eine attraktive Möglichkeit, die aktuellen Begrenzungen der landwirtschaftlichen Tierproduktion zu überwinden, sondern bieten darüber hinaus neue Perspektiven für die medizinische Forschung, indem sie die bedeutende Rolle von Nutztieren als Modell für Studien zur Verbesserung der menschlichen Gesundheit erheblich erweitern können. Die Entwicklung in der Molekulargenetik beim Nutztier ist im Allgemeinen den Fortschritten im Humanbereich gefolgt, sowohl was die Vollständigkeit der genomischen Daten als auch die Entwicklung von Hilfsmitteln und Anwendungsperspektiven anbetrifft. Die Möglichkeit, diese Erkenntnisse durch gezielte Änderungen im tierischen Genom zu erweitern, ist einzigartig für Nutztiere. Es wird deshalb zurzeit versucht, die aus dem Mausmodell bekannten modernen molekularen Hilfsmittel in neue Züchtungsstrategien zu integrieren. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass die Realisierung dieses vielversprechenden Potentials transgener Tiere durch vorhandene große Lücken im Verständnis der Regulation des gesamten Genoms und der epigenetischen Veränderungen begrenzt wird. Die Schließung dieser Wissenslücken ist wiederum von entscheidender Bedeutung für die Produktion gesunder Nachkommen mit Hilfe solcher biotechnologischen Verfahren. Wesentliche Voraussetzungen für zukünftige praktische Anwendungen sind weitere Verbesserungen der Reproduktionstechnologien und eine schnelle, vollständige und detaillierte Sequenzierung und Annotierung der Genkarten bei Nutztieren. Embryonale Stammzellen (ES-Zellen) werden in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spielen. Diese sind aber trotz intensiver weltweiter Forschung bisher bei landwirtschaftlichen Nutztieren nicht vorhanden; es existieren ES-ähnliche Zellen, d.h. Zellen, die viele Merkmale von echten ES-Zellen aufweisen, für die aber bisher keine Keimbahnbeteiligung nachgewiesen wurde. Solche Zellen konnten bis zu drei Jahre in der in-vitro-Kultur gehalten werden. Nur die Bereitstellung echter ES-Zellen wird es ermöglichen, das gesamte Potential der rekombinanten DNA-Technologie für die Tierzucht nutzbar zu machen; dies wird deshalb ein entscheidender Baustein im Hinblick auf die Entwicklung einer nachhaltigen und diversifizierten Tierproduktion sein.Genetisch veränderte Tiere werden in aller Kürze bereits eine bedeutende Rolle in der Biomedizin spielen. Die landwirtschaftlichen Anwendungsbereiche werden wahrscheinlich erst in etwas späterer Zukunft angesichts der Komplexität einiger der ökonomisch wichtigen Merkmale realisiert werden können. In wenigen Jahren werden die Nutztiergenome im Detail vollständig sequenziert und das Verständnis über die Regulation der Genaktivität deutlich erweitert sein. Damit können Strategien entwickelt werden, mit denen den gewaltigen zukünftigen Herausforderungen an die landwirtschaftliche Tierproduktion besser begegnet werden kann.
Keywords/Stichworte:Tierzucht, somatisches Klonen, transgene Tiere, embryonale Stammzellen
Im Verlauf der Menschheitsgeschichte haben Tierzucht und Tierproduktion bedeutsame Beiträge zur Verbesserung der menschlichen Lebensbedingungen und der menschlichen Gesundheit geliefert. Die jüngsten Fortschritte in der Molekulargenetik bei Nutztieren sind nicht nur eine attraktive Möglichkeit, die aktuellen Begrenzungen der landwirtschaftlichen Tierproduktion zu überwinden, sondern bieten darüber hinaus neue Perspektiven für die medizinische Forschung, indem sie die bedeutende Rolle von Nutztieren als Modell für Studien zur Verbesserung der menschlichen Gesundheit erheblich erweitern können. Die Entwicklung in der Molekulargenetik beim Nutztier ist im Allgemeinen den Fortschritten im Humanbereich gefolgt, sowohl was die Vollständigkeit der genomischen Daten als auch die Entwicklung von Hilfsmitteln und Anwendungsperspektiven anbetrifft. Die Möglichkeit, diese Erkenntnisse durch gezielte Änderungen im tierischen Genom zu erweitern, ist einzigartig für Nutztiere. Es wird deshalb zurzeit versucht, die aus dem Mausmodell bekannten modernen molekularen Hilfsmittel in neue Züchtungsstrategien zu integrieren. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass die Realisierung dieses vielversprechenden Potentials transgener Tiere durch vorhandene große Lücken im Verständnis der Regulation des gesamten Genoms und der epigenetischen Veränderungen begrenzt wird. Die Schließung dieser Wissenslücken ist wiederum von entscheidender Bedeutung für die Produktion gesunder Nachkommen mit Hilfe solcher biotechnologischen Verfahren. Wesentliche Voraussetzungen für zukünftige praktische Anwendungen sind weitere Verbesserungen der Reproduktionstechnologien und eine schnelle, vollständige und detaillierte Sequenzierung und Annotierung der Genkarten bei Nutztieren. Embryonale Stammzellen (ES-Zellen) werden in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle spielen. Diese sind aber trotz intensiver weltweiter Forschung bisher bei landwirtschaftlichen Nutztieren nicht vorhanden; es existieren ES-ähnliche Zellen, d.h. Zellen, die viele Merkmale von echten ES-Zellen aufweisen, für die aber bisher keine Keimbahnbeteiligung nachgewiesen wurde. Solche Zellen konnten bis zu drei Jahre in der in-vitro-Kultur gehalten werden. Nur die Bereitstellung echter ES-Zellen wird es ermöglichen, das gesamte Potential der rekombinanten DNA-Technologie für die Tierzucht nutzbar zu machen; dies wird deshalb ein entscheidender Baustein im Hinblick auf die Entwicklung einer nachhaltigen und diversifizierten Tierproduktion sein.Genetisch veränderte Tiere werden in aller Kürze bereits eine bedeutende Rolle in der Biomedizin spielen. Die landwirtschaftlichen Anwendungsbereiche werden wahrscheinlich erst in etwas späterer Zukunft angesichts der Komplexität einiger der ökonomisch wichtigen Merkmale realisiert werden können. In wenigen Jahren werden die Nutztiergenome im Detail vollständig sequenziert und das Verständnis über die Regulation der Genaktivität deutlich erweitert sein. Damit können Strategien entwickelt werden, mit denen den gewaltigen zukünftigen Herausforderungen an die landwirtschaftliche Tierproduktion besser begegnet werden kann.