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Züchtungskunde 1/2014; 86: 9-18

Zur Bedeutung der Epigenetik für Nutztierwissenschaft und Tierzucht

H. Niemann1 ; 1 Institut für Nutztiergenetik, FLI, Mariensee, 31535 Neustadt, E-Mail: heiner.niemann@fli.bund.de

Epigenetik beinhaltet biochemische Veränderungen an der DNA und den Histonproteinen, die mit Veränderungen in der Genexpression verbunden sind, vererbbar sind, aber die DNA-Basenabfolge nicht verändern. Wesentliche Mechanismen sind die DNA-Me​thylierung und die biochemische Veränderung der Histonproteine durch Acetylierungen, Methylierungen, Phosphorylierungen oder Carboxylierungen. Ferner werden zu den epigenetischen Mechanismen in der Embryonalentwicklung die X-Chromosom-Inaktivierung und die Ausbildung der physiologischen Telomerenlänge gezählt. Die DNA-Methy​lierung spielt beim Säuger eine wesentliche Rolle in der frühen Embryonalentwicklung, da die spezifischen Genexpressionsmuster durch entsprechende DNA-Methylierungs​veränderungen, in Form einer De- und Remethylierung in der Präimplantationsphase sichergestellt werden. Inzwischen liegen ausreichend Daten vor, die zeigen, dass die assistierten Reproduktionstechniken (ARTs) mit einem erhöhten Risiko für epigenetische Veränderungen verbunden sind, die wiederum mit Aberrationen in der Entwicklung einhergehen können. Epigenetische Phänomene können auch zur Ausbildung eines spezifischen Phänotyps im erwachsenen Tier beitragen (z.B. Callipyge). Im Gegensatz zu Nutztieren sind im Humanbereich epigenetisch bedingte Erkrankungen gut bekannt; epigenetisch wirksame Arzneimittel befinden sich bereits in der Entwicklung. Die Er​forschung epigenetischer Mechanismen kann wesentlich zur Verbesserung der Nutztierzucht beitragen.

Keywords/Stichworte:DNA Methylierung; Genexpression; Imprinting; assistierte Reproduktionstechniken; somatisches Klonen; transgenerationale Effekte; DNA methylation; gene expression; imprinting; assisted reproductive technologies; somatic cloning; transgenerational effects