Spermaqualität beim Hengst und genomische Marker für Infertilität und Befruchtungserfolg
O. Distl1 ; 1 Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, Bünteweg 17p, 30559 Hannover, E-Mail: ottmar.distl@tiho-hannover.de
Der vorliegende Beitrag fasst mehrere Arbeiten zur Spermaqualität beim Hengst und den Stand der Suche nach genomischen Markern für die Hengstfruchtbarkeit und Infertilität zusammen. Systematische Effekte auf die Spermaqualität wurden an 381 Hengsten untersucht, die ausschließlich in der künstlichen Besamung (KB) am Niedersächsischen Landgestüt Celle oder dem Nordrhein-Westfälischen Landgestüt Warendorf im Einsatz waren. Für diese Hengste von 22 verschiedenen Rassen lagen insgesamt 71.078 Frischsamenprotokolle aus den Jahren 2001 bis 2014 vor. Ausgewertet wurden die Merkmale gelfreies Ejakulatvolumen, Spermiendichte, Spermienmotilität, Gesamtspermienzahl und Anzahl vorwärtsbeweglicher Spermien. Die Varianzkomponente zwischen Hengsten innerhalb Rasse war signifikant für alle Spermamerkmale und erklärte zwischen 40 und 59% der Gesamtvarianz. Der Hengst stellte damit die wichtigste Variationsursache für Spermamerkmale dar. Die Heritabilitäten für die Spermamerkmale waren im Bereich von h2 = 0,13 bis 0,28. Die Beziehungen zwischen den Zuchtwerten für Spermamerkmale und den Zuchtwerten für die paternale Komponente der Trächtigkeitsrate pro Rosse waren positiv und am höchsten für die Anzahl vorwärtsbeweglicher Spermien (r = 0,36). Für alle Spermamerkmale konnten mittels Genotypisierungen von 136 Hannoveraner Hengsten auf dem equinen Illumina SNP50 Beadchip genomweit signifikante Assoziationen für 29 SNPs (single nucleotide polymorphisms) auf 12 verschiedenen Chromosomen gefunden werden. In zehn Regionen befanden sich bereits bekannte Kandidatengene für die Hengstfruchtbarkeit. Für die genomweite Suche nach genetischen Varianten für die Sub- und Infertilität wurden die Next-Generation-Sequenzdaten von elf Pferden verwendet. Die Filteranalyse für 1194 fruchtbarkeitsrelevante Gene ergab insgesamt 19 Mutationen mit einem hochschädlichen Effekt auf die Proteinfunktion und nur heterozygoten Genotypen bei den komplett sequenzierten Pferden. Die Validierung an 337 fertilen Hengsten von 19 verschiedenen Rassen resultierte in zehn Varianten, die sehr wahrscheinlich mit Sub- oder Infertilität assoziiert sind. Mit der genetischen Variante g.37455302G > A im NOTCH1 Gen können subfertile Hengste sicher erkannt werden und eignet sich daher als frühzeitiger Indikator für die Hengstfruchtbarkeit. Für neun Varianten in den Genen CFTR, OVGP1, FBXO43, TSSK6, PKD1, GHRL, FOXP1, TCP11, SPATA31E1 und NOTCH1 war kein homozygot mutierter Genotyp nachweisbar und somit sind diese Varianten Marker für die Hengstinfertilität. Neue Schätzungen der Heritabilität der Konzeptionsrate pro Zyklus beim Hannoveraner zeigten moderate Schätzwerte im Bereich von h2 = 0,07 bis 0,13 für die paternale, maternale und direkte Komponente. Die Ergebnisse der Arbeiten am Warmblut zeigen, dass eine Selektion auf Hengstfruchtbarkeit erfolgversprechend ist und eine Zuchtwahl von Hengstanwärtern für mit Sub- und Infertilität assoziierte Varianten den Zuchtfortschritt signifikant steigern kann.
Keywords/Stichworte:Fruchtbarkeit; Hengst; Sperma; Trächtigkeitsrate; Assoziation; Next-Generation-Sequenzierung; genetische Varianten; Selektion; fertility; stallion; sperm; conception rate; association; next-generation-sequencing; genetic variants; selection