Züchtungskunde, 86, (5/6) S. 319-341, 2014, ISSN 0044-5401
© Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart
Scientific Articles
Möglichkeiten zur Reduktion von geschlechtsbedingten Geruchsabweichungen am Schlachtkörper von männlichen, unkastrierten Mastschweinen
Teil 2: Genetische Fundierung des Merkmals Ebergeruch und genetische Beziehungen zu paternalen und maternalen Reproduktionsleistungen
L. Frieden1 ; Christine Große-Brinkhaus1 ; Christiane Neuhoff1 ; K. Schellander1 ; C. Looft1 ; E. Tholen1 ; 1 Institut für Tierwissenschaften, Abteilungen Tierzucht, Tierhaltung und Haustiergenetik, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Endenicher Allee 15, 53115 Bonn, E-Mail: etho@itw.uni-bonn.de
Aufgrund des zu erwartenden Verbotes der operativen Ferkelkastration ohne Betäubung Ende des Jahres 2018 gewinnt das Produktionsverfahren Mast von unkastrierten Ebern zunehmend an Bedeutung. Aufgrund des nach wie vor hohen Anteils von Ebern mit erhöhtem Geruchsrisiko wird über eine Einbeziehung der Merkmale des Ebergeruchs in das Zuchtziels diskutiert.
Im Rahmen des vorliegenden Projektes wurde die genetische Fundierung des Merkmals Ebergeruch mit Hilfe von 1010 stationär geprüften, unkastrierten Ebern der Herkunft Piétrain (Pi) × Kreuzungssau geschätzt. Dabei konnten hohe Heritabilitäten (h2) für die Leitkomponenten Androstenon (h2 = 0,6) und Skatol (h2 = 0,4) geschätzt werden. Die züchterische Bearbeitung des Ebergeruchs wird durch die zu erwartende antagonistische Beziehung zwischen der Fruchtbarkeit und Androstenon erschwert. Die im Rahmen dieser Arbeit geschätzten genetischen Korrelationen (rg) zwischen dem Androstenongehalt und der paternaler Fruchbarkeit der Besamungseber sowie Merkmalen der maternalen Fruchtbarkeit lagen nahe bei 0 oder waren mit sehr hohen Standardfehlern behaftet. Eine Ausnahme war die ausgeprägte und unerwünschte rg zwischen dem Androstenongehalt und dem Erstferkelalter der Sauen (rg = 0,44).
Um die Auswirkungen einer Selektion gegen Ebergeruch zu quantifizieren, wurden Zuchtplanungsberechnungen für einen fiktiven Zuchtverband mit Hilfe der Indextheorie auf der Basis der geschätzten Parameter durchgeführt.
Der Ebergeruch wurde unter Berücksichtigung einer antagonistischen Beziehung zwischen Ebergeruch und maternaler Fruchtbarkeit von |0,2| mittels zwei alternativer Erfassungsmethoden in den Berechnungen berücksichtigt: (Variante LAB) laboranalytische Erfassung von Androstenon sowie (Variante HNS) „human nose scoring“ mittels subjektiver Geruchsbeurteilung durch Testpersonen im Schlachthof. Das ökonomische Gewicht für das Merkmal Ebergeruch wurde so festgelegt, dass 70% des Zuchterfolges ohne Berücksichtigung des Ebergeruchs erhalten blieb. Nach den Ergebnissen dieser Zuchtplanungsberechnungen dauert es bei der Variante LAB bei einer schlachtkörperbetonten Vaterlinie 4 und bei Mutterlinien mit stärkerer Betonung der Fruchtbarkeit bis zu 9 Generationen, um den Anteil Eber mit über 1000 ng Androstenon je g Fett von 50 auf 5% zu reduzieren. Dieses Ergebnis zeigt, dass eine Integration des Merkmals Ebergeruch in das Zuchtziel von Mutterlinien mit einem beachtlichen Verlust in der Wettbewerbsfähigkeit einhergehen kann. Bei Betrachtung der Variante HNS konnte aufgrund der zu erwartenden niedrigen Heritabilität ein vergleichsweise niedrigerer Zuchterfolg im Merkmal Ebergeruch festgestellt werden. Diese Variante kann daher nur als kostengünstige Ergänzung der Androstenon- und Skatolmessungen empfohlen werden.
Ebergeruch; genetische Fundierung; Zuchtplanung
Breeding potential of selection against boar taint
Within the European Union, it can be expected that surgical castration without anaesthesia will be banned until 2018. Against this background, fattening of entire males becomes more important. Because of a relevant proportion of boars which have a high risk of boar taint, breeding organisations discuss to include boar taint into the breeding goal.
In the present study, genetic foundation of boar taint components were estimated by means of 1010 Piétrain sired crossbred boars of type Piétrain (Pi) × crossbred sows. High heritabilities were estimated for of both boar taint components androstenone (h2 = 0.6) and skatole (h2 = 0.4). However, inclusion of boar taint into the breeding objective is problematic because of the expected antagonistic relationship to fertility. In the present study estimated genetic correlations (rg) between androstenone and paternal fertility of AI-boars or traits of maternal fertility were close to zero and had large standard errors. In contrast, distinct undesirable rg (0,44) were estimated between androstenone and age at first farrowing.
In order to quantify consequences of the selection against boar taint in a hypothetical breeding organisation, calculations of a breeding program were performed by using estimated genetic parameters and the index theory. Using an antagonistic relationship between maternal fertility and androstenone of 0.2 and alternative variations of boar taint as information trait, two szenarios were assumed: Variant LAB: Laboratory analysis of androstenone and skatole and variant HNS: Subjective detection by a slaughter line panel. The economic weight of androstenone estimated indirectly, so that 70% of expected economic gain of the breeding goal without boar taint was retained. The results of this simulation study showed that 4 generations are needed for the sire line to reduce the amount of boars with a concentration of androstenone of over 1000 ng/g fat from 50% to 5%, in case of variant LAB. For the dam line with accentuation of maternal fertility traits, this time period is clearly extended up to 9 generations. This result shows that it is difficult to implement boar taint into the breeding goal of dam lines without loosing competitiveness. In comparison to the LAB situation, szenario HNS revealed lower breeding gains. This is due to the lower h2 of subjective scoring results relative to androstenone or skatole measurements. In conclusion, HNS is only useful as a cost effective complement of androstenone and skatole measurements.
Boar taint; genetic foundation; breeding strategies