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Züchtungskunde, 86, (5/6) S. 297-318, 2014, ISSN 0044-5401
© Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart

Scientific Articles

Möglichkeiten zur Reduktion von geschlechtsbedingten Geruchsabweichungen am Schlachtkörper von männlichen, unkastrierten Mastschweinen
Teil 1: Häufigkeit von Ebergeruch bei der Herkunft Piétrain × Kreuzungssau und Möglichkeiten der haltungsbedingten Beeinflussung

L. Frieden1 ; Christine Große-Brinkhaus1 ; Christiane Neuhoff1 ; K. Schellander1 ; C. Looft1 ; E. Tholen1 ; 1 Institut für Tierwissenschaften, Abteilungen Tierzucht, Tierhaltung und Haustiergenetik, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Endenicher Allee 15, 53115 Bonn, E-Mail: etho@itw.uni-bonn.de

Unter den derzeitigen politischen Voraussetzungen ist in der Europäischen Gemeinschaft davon auszugehen, dass die betäubungslose chirurgische Kastration von männlichen Ferkeln mittelfristig vornehmlich aus Gründen des Tierschutzes verboten wird. Neben der Immunokastration und der Kastration unter Betäubung ist die Ebermast eine attraktive Alternative. Die Umsetzung dieses Verfahrens ist jedoch aufgrund des Ebergeruchs, der hauptsächlich durch das Pheromon Androstenon und die Bakterienabbauprodukte Skatol und Indol verursacht wird, problematisch. Im Rahmen der vorliegenden Unter​suchung wurden bei 1010, in fünf Prüfstationen stationär geprüften Piétrain × F1-Kreuzungsebern die Leitkomponenten des Ebergeruchs gemessen. Dabei zeigte sich, dass bei Festlegung der beiden in der Literatur häufig zitierten Grenzwerte von Androstenon und Skatol von 1000 bzw. 250 oder 2000 bzw. 160 ng je g Rückenspeck 50% bis 60% der Eber als Risikotiere eingestuft wurden. Im Rahmen der Untersuchung wurden unterschied​liche Haltungs- (Einzel, Gruppenhaltung) und Produktionsfaktoren (Schlachtgewicht 85–95 kg, Winter-/Sommeraufstallung) untersucht. Im Gegensatz zum Schlachtgewicht zeigte das Schlachtalter einen signifikanten (Skatol und Indol) oder zumindest tendenziellen Effekt (Androstenon) auf die Merkmale des Ebergeruchs. Die geschätzten Ver​änderungen je Masttag lagen für Skatol und Androstenon bei 1,4 ng/g bzw. 7,2 ng/g Rückenspeck. Beim Vergleich der verschiedenen Aufstallungssysteme wiesen die in Einzelhaltung geprüften Eber gegenüber den Tieren in Gruppenhaltung signifikant höhere Androstenon- (60 ng/g) und Skatolwerte (107 ng/g) auf. Der höhere Androstenongehalt erklärt sich vermutlich durch die abweichende soziale Interaktion und der Skatolgehalt durch den unterschiedlichen Verschmutzungsgrad der Tiere. Beim Vergleich der verschiedenen Mastperioden mit abnehmender (Winter) und zunehmender (Sommer) Tageslichtlänge wurde eine Differenz im Androstenongehalt von 60 ng festgestellt. Beim Skatolgehalt wurde ebenfalls in zwei Prüfstationen in der Winterperiode ein höherer Skatolgehalt von bis zu 170ng/g beobachtet, der jedoch nicht durch die Tageslichtlänge, sondern vermutlich durch die spezifischen Mastbedingungen zu erklären ist. Die festgestellten erheblichen Unterschiede zwischen den Mittelwerten der Prüf​stationen in den Merkmalen des Ebergeruchs sind zum Teil durch die abweichenden Aufstallungssysteme sowie durch genetische Effekte zu erklären. Bei Betrachtung der Korrelationen zwischen den Leitkomponenten des Ebergeruchs und Merkmalen der Fleischleistung konnte gezeigt werden, dass fleischreiche Eber ein geringeres androstenonbedingtes Geruchspotenzial aufwiesen. Die übrigen Korrelationen zwischen diesen Merkmalskomplexen unterschritten einen Absolutwert von 0,2 und sind daher wenig aussagekräftig.

Ebermast; Skatol; Androstenon; Ebergeruch; Häufigkeit in kommerziellen Endprodukten; Effekte der Saison und Haltungssysteme


Breeding potential of selection against boar taint

Within the European Union, it can be expected that surgical castration without anaesthesia will be banned until 2018. Besides immunocastration and surgical castration with anaesthesia, fattening of entire males seems to be an attractive alternative. However, a broad expansion of this practice is problematic due to boar taint which is mainly caused by the pheromone androstenone and bacteria degradation product skatole. In the present study, 1010 Pietrain sired crossbred boars of five German testing stations were tested for fattening traits and boar taint components. In several sensory studies, boars with contents of androstenone and skatole of 250 ng/g and 500 ng/g fat, respectively, or alternatively 160 ng/g and 2000 ng/g backfat, were classified as boars with increased risk of developing boar taint. Using these thresholds, about 50% to 60% of the entire males were assigned to the corresponding risk groups. Different variations of environmental factors including, husbandry (single, group penned), season (summer, winter) and slaughter weight (85 kg, 95 kg) were investigated. In contrast to the slaughter weight, age at slaughtering had a significant (skatole, indole) or tendential (androstenone) effect on boar taint components. Corresponding coefficients of regression for skatole and androstenone were 1,4 ng/g and 7,2 ng/g backfat per day. Group penned boars showed significant higher androstenone (60 ng/g) and skatole (107 ng/g) compared to single penned pigs. Higher concentration in androstenone could be the result of social interactions between boars, whereas different levels in skatole could be explained by different faecal contamination. Comparing diverging seasonal periods, 60 ng/g higher levels androstenone were found in the winter group with declining length of daylight. Regarding skatole, seasonal differences up to 170 ng/g could only be ascertained within two test stations. It is more likely, that these deviations are the result of specific fattening conditions like health or feeding than by length of daylight. In a similar manner, differences between various test stations could be the results of different housings systems of the boars and genetic effects. Estimated correlations between boar taint components and fattening traits indicated that lean boars had a reduced risk of boar taint due to androstenone. Other correlations of fattening traits and boar taint components were estimated only within a range of –0.2 to +0.2, which did not allow further interpretation.

Fattening of boars; boar taint; skatole; androstenone; frequency within commercial crossbred population; seasonal and housing effects


Impact Factor (SCI) 2023: 0.3

 5-Jahres-Impact-Factor (SCI) 2023: 0.2

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