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Züchtungskunde 1/2011; 83: 34-46

Die Risiko-orientierte Fleischuntersuchung – neue Konzepte für neue Risiken

L. Ellerbroek1 ; 1 Bundesinstitut für Risikobewertung, Diedersdorfer Weg 1, 12277 Berlin; E-Mail: l.ellerbroek@bfr.bund.de

Schweinefleisch kann Keime enthalten, die für den Menschen eine Gesundheitsgefahr darstellen. Um belastetes Fleisch frühzeitig zu erkennen, wurde Anfang des 20. Jahr​hunderts die obligatorische Fleischbeschau von Schlachttieren eingeführt. Dies war ein Durchbruch für den gesundheitlichen Verbraucherschutz. Durch die konsequente Anwendung genormter Fleischuntersuchungsprozeduren konnten die sogenannten „klassischen“ Zoonosen wie Tuberkulose und Brucellose größtenteils getilgt werden. Diese Anstrengungen und verbesserte Haltungsbedingungen haben in den letzten 100 Jahren zu einem deutlich besseren Gesundheitszustand der Schlachttiere geführt. Allerdings wird heutzutage diese pathologisch-anatomisch orientierte Fleischunter​suchung den aktuellen Gefahren für die menschliche Gesundheit nicht mehr gerecht. Auf die heute vorherrschenden beim Tier subklinisch verlaufenden Krankheiten aufgrund von Keimen wie Salmonellen oder Mykobakterien weisen keine sichtbaren Verände​rungen an Tierkörpern und Organen hin. Zoonosen gehören zu den wichtigsten Ver​ursachern von Durchfallerkrankungen beim Menschen.

Die Europäische Kommission hat im Rahmen des EG-Lebensmittelhygienerechts auf diese Entwicklung reagiert und als Ausgangspunkt der Einführung einer risikobasierten Fleischuntersuchung die visuelle Beurteilung des Fleisches vorgesehen. Damit diese Risiko-orientiert durchgeführt werden kann, müssen dem zuständigen amtlichen Tierarzt bestimmte Vorabinformationen zur Haltung und zum Gesundheitszustand der Schlachtschweine übermittelt werden, die z.B. als sog. Lebensmittelketteninformationen EU-weit vor der Anlieferung der Schlachtschweine auf dem Schlachthof durch den amtlichen Tierarzt bewertet werden. Auf Grundlage dieser Informationen sowie von weiteren Eckpunkten entscheidet dieser, ob eine visuelle Fleischuntersuchung für die jeweilige Lieferpartie ausreicht oder ob nach wie vor eine traditionelle Fleischunter​suchung mit Abtasten und Anschnitt der Schlachttiere durchgeführt werden muss. Darüber hinaus kann er sich für eine erweiterte Fleischuntersuchung aussprechen.

Keywords/Stichworte:Fleischuntersuchung; Risiko; Schweinefleisch; veterinary public health; Meat hygiene; risk; pig meat; veterinary public health