Züchtungskunde, 89, (6) S. 451-474, 2017, ISSN 0044-5401
© Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart
Scientific Articles
Beta-Casein A2 in Rindermilch – Hintergründe, züchterische und
milchwirtschaftliche Strategien und Begrenzungen im Hinblick auf eine mögliche neue Nachfragesituation
M. Gödert1 ; H. Brandt1 ; G. Erhardt1 ; 1 Institut für Tierzucht und Haustiergenetik, Justus-Liebig-Universität Gießen, Ludwigstraße 21b, 35390 Gießen, Email: Georg.Erhardt@agrar.uni-giessen.de
Die aktive Vermarktung von Rindermilch mit definierten Milchproteinvarianten (z.B. A2-Milch) erfolgt zurzeit nicht in Deutschland. Es ist jedoch nicht zu übersehen, dass über Besamungskataloge, einschlägige Veröffentlichungen in Fachzeitschriften und Diskussionsforen eine Bewerbung für ¿-Casein A2-Milch stattfindet. Dabei führt die Betrachtung der gesundheitlichen Relevanz des Konsums von ¿-Casein A1 und B in der Literatur zu widersprüchlichen Ergebnissen. Letztlich kann nach aktuellem internationalem Kenntnisstand nicht von einer gesundheitlichen Gefährdung durch A1-Milch ausgegangen werden. Im Rahmen dieser Arbeit wurden in fünfzehn deutschen Betrieben mit vorwiegend Deutsch Holstein die Allelfrequenzen zu CSN2 und CSN3 mittels isoelektrischer Fokussierung erfasst und Haplotypfrequenzen (¿-¿-Haplotypen) geschätzt. Diese dienten als Basis für die Modellierung der Umstellungsdauer auf A2-Milch abhängig von verschiedenen Betriebsstrukturen (Ausgangsfrequenzen CSN2* A2: 0,49; 0,60; 0,72) unter Einbeziehung der Merzungsrate (20, 30, 40%) und Berücksichtigung eines Einsatzes von gesextem Sperma bei Färsen.
Allelfrequenzen für CSN2* A2 bei Deutsch Holstein zeigten einen deutlichen Einfluss des Betriebes und lagen zwischen 37,3 und 75,0%. Die Schätzung von ¿-¿-Haplotypen bestätigte die Haplotypen A1E und BB. Obwohl sich unter simulierter Selektion auf CSN2* A2 inklusive I die Allelfrequenz von CSN3* B kaum verändern sollte, ist wegen der Selektion gegen CSN2* B eine schlechtere Käsereitauglichkeit von A2¿Milch in Betracht zu ziehen.
Eine schnellere und günstigere Umstellung konnte für Betriebe mit geringerer unfreiwilliger Merzungsrate gezeigt werden. Eine kostenintensive Umstellung auf A2-Milch ohne aktuell vorhandene Vermarktungswege und kalkulatorischen Mehrwert ist derzeit unattraktiv und kann nur als eine Investition für einen Markt gesehen werden, dessen wirtschaftliche Rahmenbedingungen unklar sind.
A2-Milch; Hintergründe; Allelfrequenzen; Haplotypen; Modellierung; Strategien
Background of beta-Casein A2 in bovine milk – strategies and limitations by breeding and the dairy industry with regard to a possible new demand.
Actually there is no active marketing for bovine milk with defined milk protein variants (e.g. A2-Milk) in Germany. Nevertheless it has to be noted that publicity for ¿-casein A2-milk occurs in sire catalogues, journal publications and discussion forums. Based on the actual international state of knowledge, there are controversial results about the influence of the consumption of ¿-casein A1 and B milk on human health. A general risk for human health due to ¿-casein A1-milk cannot be assumed. It was the aim of the investigations to estimate allele frequencies at CSN2 and CSN3 using isoelectric focussing in fifteen German dairy farms with mainly German Holstein, and to calculate ¿-¿-haplotype frequencies. Based on these data the duration of herd conversion to ¿-casein A2-milk was modelled depending on different herd structures (initial frequencies CSN2* A2: 0.49; 0.60; 0.72), culling rates (20; 30; 40%) and the use of sexed semen in heifers.
CSN2* A2 allele frequencies in German Holstein cattle ranged between 37.3 and 75.0%, with a clear effect of the farm. The estimation of ¿-¿-haplotypes confirmed the haplotypes A1E and BB. Although the simulated selection on CSN2* A2 (including I) should hardly change allele frequency of CSN3* B, the selection against CSN2* B may result in reduced cheesemaking properties of ¿-casein A2-milk.
A faster and cheaper herd conversion process was shown for herds with a low involuntary culling rate. However, an expensive conversion approach without present marketing routes or improved revenue is currently less attractive and has to be seen as an investment in a market without clear economic conditions.
A2-milk; background; allele frequencies; haplotypes; modelling; strategies