Züchtungskunde, 84, (5) S. 394-411, 2012, ISSN 0044-5401
© Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart
Scientific Articles
Züchterische Möglichkeiten zur Verminderung der Ebergeruchsproblematik bei Schlachtschweinen
L. Frieden1 ; Christiane Neuhoff1 ; Christine Große-Brinkhaus1 ; M.U. Cinar1 ; K. Schellander1 ; C. Looft1 ; E. Tholen1 ; 1 Institut für Tierwissenschaften, Abteilungen Tierzucht, Tierhaltung und Haustiergenetik, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Endenicher Allee 15, 53115 Bonn, E-Mail: lfri@itw.uni-bonn.de
Es ist zu erwarten, dass die operative Ferkelkastration ohne Anästhesie in der EU mittelfristig nicht mehr akzeptiert wird. Neben der Immunokastration und der Kastration unter Betäubung ist die Ebermast eine attraktive Alternative. Eine umfassende Ausdehnung dieses Verfahrens ist jedoch auf Grund des Ebergeruchs, der hauptsächlich durch das Pheromon Androstenon und das Bakterienabbauprodukt Skatol verursacht wird, problematisch. Die Zucht gegen Ebergeruch ist erfolgversprechend, da beide Leitkomponenten einen hohen Erblichkeitsgrad aufweisen. Die Definition eines klaren Zuchtzieles ist jedoch für das Merkmal Androstenon schwierig, da eine exakte Festlegung geeigneter Grenzwerte derzeit kaum möglich ist. Die humansensorische Bewertung des Ebergeruchs ist vom Problem der Grenzwertziehung weniger betroffen. Um die Ergebnisse der Humansensorik jedoch züchterisch nutzen zu können, sind eindeutige Handlungsvorgaben hinsichtlich der Erfassung notwendig. Ein Problem der Zucht gegen Androstenon stellt die mehrfach nachgewiesene unerwünschte Beziehung des Androstenons, insbesondere zu Merkmalen der maternalen Fruchtbarkeit dar. Auch wenn dieser Antagonismus in kommerziellen Populationen nur schwach nachweisbar ist, erscheint die Selektion gegen Androstenon in Vaterlinien realisierbar; eine Ausdehnung auf Mutterlinien ist jedoch derzeit nicht empfehlenswert. Molekular-genetische Werkzeuge erlauben es, Gene zu identifizieren, die am Abbau von Androstenon beteiligt sind und demzufolge keine pleiotrope Wirkung auf Merkmale der Fruchtbarkeit ausüben. Aktuelle Studien unterlegen die Existenz von solchen Genen. Eine Selektion gegen Androstenon erscheint demzufolge auch ohne negative Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit möglich zu sein.
Chirurgische Kastration; Ebergeruch; genetische Fundierung; Androstenon; Skatol; Zucht
Breeding potential of selection against boar taint
Within the European Union, it can be expected that surgical castration without anaesthesia will be banned until 2018. Besides immunocastration and surgical castration with anaesthesia, fattening of entire males seems to be an attractive alternative. However, a broad expansion of this practise is problematic due to boar taint which is mainly caused by the pheromone androstenone and bacteria degradation product skatole. Because of high heritabilities of both components, breeding against boar taint should be successful. Due to lack of certain thresholds for androstenone, a precise definition of the breeding objective is difficult. Human nose scoring is less influenced by the problem of threshold determination. However, in order to integrate the results of human nose scoring into the breeding procedure, it is necessary to define clear guidelines for recording. Breeding against androstenone is impaired by the unfavourable correlation particular to maternal fertility. Although this antagonism is not obvious in some commercial populations, only selection within sire lines is feasible, whereas breeding against androstenone in dam lines is not recommendable. Molecular genetic tools enable to identify genes, involved only in the degradation, but not in the synthesis of androstenone. In other words, there are no pleiotropic effects of these genes on androstenone and fertility. Recent studies confirm the existence of such non-pleiotropic genes. Therefore selection against androstenone could be applied efficiently without negative consequences on maternal fertility.
Surgical castration; boar taint; genetic foundation; androstenone; skatole; breeding