Züchtungskunde, 89, (5) S. 345-358, 2017, ISSN 0044-5401
© Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart
Scientific Articles
Problemanalyse zur Implementierung der Selektion nach optimierten Genbeiträgen in kleinen Populationen
S. Kohl1 ; Pera Herold2 ; 1 Institut für Nutztierwissenschaften, FG Tiergenetik und Züchtung (460 g), Universität Hohenheim, Sebastian.Kohl@Uni-Hohenheim.de ; 2 Institut für Tropische Agrarwissenschaften, FG Tierhaltung und Tierzüchtung in den Tropen und Subtropen (490 h), Universität Hohenheim, P.Herold@Uni-Hohenheim.de
Die Selektion nach optimierten Genbeiträgen, englisch Optimum Contribution Selection (OCS), ermöglicht ein Optimieren des Zuchtfortschritts bei gleichzeitiger Begrenzung des Inzuchtzuwachses. Obwohl die Vorzüglichkeit der OCS gegenüber der Abschnittsselektion mehrfach nachgewiesen wurde, fand bisher kaum eine Implementierung in Zuchtprogrammen statt. In der vorliegenden Arbeit sollen Ursachen identifiziert und im Sinne der Organisationstheorie diskutiert werden, die eine Implementierung der OCS in die Praxis behindern. Diskutiert werden organisatorische, finanzielle und politische Aspekte. Grundvoraussetzung der OCS sind Zuchtwerte für die Zielmerkmale sowie Pedigree- oder Markerinformationen. Die nachgeschalteten Berechnungen der OCS ergeben konkrete Einsatzfrequenzen der Zuchttiere einer Population. Somit wird der Genfluss reguliert und die Inzuchtrate optimiert. Schon die Einhaltung der Einsatzfrequenzen stellt die Umsetzung der OCS in Zuchtprogrammen, vor allem mit steigendem Natursprunganteil, vor große Herausforderungen. In theoretischen Simulationen werden die Einsatzfrequenzen per se eingehalten. In der Praxis erfordert dies allerdings eine zentralisierte Organisation der Anpaarungen in einer Population. Es ist anzunehmen, dass dies bei Züchtern und Haltern auf Widerstand stoßen wird, da die Selektion im Kuhpfad und die Anpaarungen in der Herde eine ihrer Kernkompetenzen ist. Die finanziellen Rahmenbedingungen innerhalb der Zuchtprogramme und für die künstliche Besamung sowie die gesetzlichen Regelungen zu Fördermaßnahmen behindern die Umsetzung der OCS in die Praxis. Entscheidend ist insbesondere der Förderrahmen für Erhaltungszuchtprogramme, der es ermöglichen sollte, überbetriebliche Maßnahmen des Zuchtprogramms wie die Herdbuchführung direkt zu fördern und Haltungsprämien mit der aktiven Beteiligung am Zuchtprogramm zu verknüpfen.
Optimum Contribution Selection; Erhaltungszuchtprogramm; tiergenetische Ressourcen; Fördermaßnahmen
Problem analysis of practical implementation of Optimum Contribution Selection in small breeds
Optimum Contribution Selection (OCS) facilitates the optimization of breeding progress while simultaneously restricting inbreeding rates. Although the superiority of OCS compared with Truncation Selection has been proven several times, the implementation of OCS in practical breeding programs is still missing. The aim of this study is to identify possible reasons for the missing implementation and to discuss them in terms of the organizational theory. The aspects to be discussed originate from organizational, financial and political issues. Basic requirements for OCS are breeding values and pedigree- or markerinformation. The results of the computations by OCS are specific fielding frequencies for sires and dams of a population. Hereby the geneflow is regulated meanwhile the inbreeding rate is optimized. Practical breeding programs face problems to satisfy the fielding frequencies, especially by increasing natural service. In theoretical simulations, the fielding frequencies are satisfied per se. In practical breeding programs, centralized organization of matings are needed. This will lead to pushbacks by breeders, because selection in the dam path and mating decisions are their key tasks. Financial framework conditions for breeding programs and artificial insemination as well as the legal regulation for subventions impede the implementation of OCS in breeding programs. Especially the framework conditions for government-funded measures in conservation breeding programs are major obstacles. Intercorporate measures like the maintenance of the herdbook or the active participation of members of the conservation breeding program cannot be subsidized.
Optimum Contribution Selection; conservation breeding; genetic resources; government-funded measures