Ausgangspunkt des Forschungsvorhabens war die Hypothese, dass aufgrund der umweltbedingten Herausforderungen in westafrikanische Rinderrassen besondere genetische Varianten zu identifizieren sind, die mit Adaptation, Robustheit und Hitzetoleranz assoziiert sind. Weiter sind im afrikanischen Kontext umfassende gesellschaftliche Transformationsprozesse zu erkennen, welche züchterische Anpassungen auch in Richtung Produktivität und Produktqualität implizieren. Um die diesbezüglichen zugrundeliegenden genomischen Mechanismen genauer zu verstehen wurden insgesamt 449 Rinder der lokalen Rassen Borgou, Pabli-Kerou, Lagune und Somba mit 50K SNP Chips genotypisiert. Die westafrikanischen Rinderrassen konnten in verschiedene Cluster gruppiert werden, wobei auch genetische Differenzierungen zwischen den jeweiligen aktuellen und historischen Populationen deutlich wurden. Offensichtlich ist die sehr weite genetische Distanz zu den hochleistenden in Deutschland gehaltenen Rassen wie HF, die spezialisiert für die Milchproduktion züchterisch weiterentwickelt wurden. Eine Besonderheit für genomische Studien zur Identifizierung etwaiger Selektionssignaturen bestand darin, die aktuellen Populationen mit der historischen Population der jeweiligen Rasse vergleichen um somit genetische Transformationsprozesse in Abhängigkeit der Zeit analysieren zu können. Das Studium biologischer Prozesse für annotierte potenzielle Kandidatengene ergab, dass diese Gene zu einem Großteil zu physiologischen Pfaden oder Mechanismen beitragen, die Immunität und Adaption induzieren. Das detektiere Gen RNF220 hat auch bekannte Effekte auf den Kalbeverlauf bei HF. Genomweite Assoziationen für Messungen morphologischer Merkmale konnten mit genetischen Mechanismen der Hitzetoleranz und auch Krankheitsresistenz assoziiert werden. Hohe Heritabilitätsschätzwerte für Messergebnisse in cm geben auch Hinweise für eine Optimierung der Zuchtwertschätzung für Exterieur. Auf Basis von Genomsequenzierungen in den westafrikanischen Rinderrassen konnten vier neue Milchproteinvarianten identifiziert werden, was die Bedeutung westafrikanischer genetischer Ressourcen auch für Produktqualität verdeutlicht.
Von:  Seyi Fridaius Ulrich Vanvanhossou1
; Sven König1
; 1 Institut für Tierzucht und Haustiergenetik, Justus-Liebig-Universität, 35390 Gießen; E-Mail: sven.koenig@agrar.uni-giessen.de