Züchtungskunde, 82, (1) S. 40-56, 2010, ISSN 0044-5401
© Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart
Scientific Articles
Die Bedeutung der „Küche“ für die Evolution des Menschen
Jutta Muth1 ; U. Pollmer2 ; 1 Europäisches Institut für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften e.V., 80339 München, Kiliansplatz 2. (Nach einem Vortrag von Udo Pollmer: „Welche Qualität haben unsere Ernährungsempfehlungen“ anlässlich der DGfZ-Jahrestagung in Gießen am 16.9.2009, basierend auf einer Publikation von JM & UP: Der Mensch – ein Coctivor. EU.L.E.n-Spiegel 2007, H. 3/4 ; 2 Korrespondenz: Udo Pollmer, Wissenschaftlicher Leiter des Europäischen Instituts für Lebensmittel- und Ernährungswissenschaften e.V., Eppinger Str. 4, D-75050 Gemmingen, E-Mail: Upollmer@aol.com.
Aufgrund der anatomischen Merkmale von Gebiss und Gastrointestinaltrakt erweist sich der Mensch im Vergleich zu den großen Menschenaffen als Coctivor. Er ist auf zubereitete, leicht verdauliche Kost angewiesen. Erst die Nutzung des Feuers und die Entwicklung der Küchentechnik ermöglichten eine hohe Energieausbeute aus der Nahrung bei geringer Verdauungsarbeit, die Ressourcen für die schnelle Vergrößerung seines Gehirns freimachte. Insofern spielt die „Kochstelle“ eine Schlüsselrolle in der menschlichen Evolution. Zur Entwicklung der modernen Zivilisation allerdings passte der Mensch seine Nahrungsquellen wiederum an seine verdauungsphysiologischen Gegebenheiten an. Angesichts der enormen Bedeutung der Manipulation von Nahrung, angefangen von der Züchtung bis hin zur Verarbeitung, lag es nahe, das Vorliegen derartiger Verhaltensweisen auch im Tierreich zu prüfen. Es zeigte sich, dass viele Verfahrenstechniken prinzipiell auch von Tieren praktiziert werden – allerdings ohne vom enormen Nutzen des Kochens profitieren zu können.
Evolution des Menschen; Coctivor; Gehirn; Verdauungstrakt; Lebensmittelverarbeitung; Feuer
The significance of the camp fire for the evolution of humans
Due to the anatomic features of dentition and gastrointestinal tract, humans are coctivors compared to great apes. They depend on prepared, easily digestible food. High energy output from food at low digestion rate has only become possible by using fire and, later on, developing kitchen technology. It has generated resources to enlarge the human brain quickly. Insofar, the place to cook has played a key role in human evolution. However, during the development of modern civilisation, humans have adapted their food to the physiological conditions of their digestion. In view of the enormous importance of manipulated food from breeding to processing, investigations into the presence of such behaviour patterns also in the animal world have suggested themselves. It has appeared that animals generally apply many techniques, too; however, without being able to profit from the enormous benefit of cooking.
Human evolution; coctivor; brain; digestive system; food processing; fire