Züchtungskunde, 93, (2) S. 116-140, 2021, ISSN 0044-5401
© Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart
Scientific Articles
Die Wirtschaftlichkeit und Arbeitssicherheit
der Gruppenhaltung säugender Sauen in Deutschland
– Implikationen für die Züchtung
Katharina Wellner1 ; Charlotte G.E. Grimberg-Henrici2 ; Verena Otter3 ; 1 Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre des Agribusiness, Universität Göttingen, E-Mail: katharina.schlosser-1@agr.uni-goettingen.de ; 2 Institut der Tierzucht und Tierhaltung, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel ; 3 Business Management & Organisation Group, Universität Wageningen
Die in Deutschland zunehmende Kritik an konventionellen Abferkelsystemen mit Ferkelschutzkorb (FSK) geht einher mit der Forderung alternativer Haltungssysteme, die ein höheres Tierwohl für die Sau bieten. Die Gruppenhaltung (GH) säugender Sauen stellt eine, dem arteigenen Verhalten sehr förderliche, alternative Haltungsform dar, ist aber auch mit höheren Ferkelverlusten und damit geringeren Ferkelerlösen, Arbeitszeitbedarfen und Investitionen assoziiert. Da es bislang kaum ökonomische Forschungsergebnisse zu solchen Haltungssystemen gibt, ist es Ziel dieser Studie, die Wirtschaftlichkeit sowie die Arbeitssicherheit zweier Gruppenhaltungssysteme im Vergleich zum konventionellen Haltungssystem in der deutschen Sauenhaltung zu ermitteln. Auf Basis von Versuchsdaten zu Aufzuchtleistungen, Arbeitszeiten und Futtermengen sowie den geschätzten Investitionskosten wurde eine Vollkostenrechnung für einen Modellbetrieb mit 400 Sauen durchgeführt. Die Ergebnisse bestätigen die oben genannten negativen Auswirkungen der GH. Insgesamt sind die Vollkosten pro Ferkel für beide GH-systeme (GH 1: 68,89 € und GH 2: 66,39 €) höher als die des Abferkelsystems mit Ferkelschutzkorb (FSK: 59,14 €). Eine Implementierung der GH in die landwirtschaftliche Praxis ist zum jetzigen Zeitpunkt aus ökonomischer Sicht, nicht zu empfehlen. Um die Wirtschaftlichkeit dieses Haltungssystems zu erhöhen sollten neben der Beachtung der Aufzuchtleistung auch Merkmalskomplexe wie die Umgänglichkeit und die Gebrauchsfähigkeit aber auch die Vitalität und Homogenität der Würfe im Sinne einer der GH zuträglichen Angepasstheit wieder stärker in den Fokus der Züchtung gerückt werden.
Tierwohl; Sauenhaltung; Vollkostenrechnung; Versuchsdaten; Gruppenhaltung
The Economic Profitability and Occupational Safety of Group Housing Suckling Sows in Germany – Implications for Breeding
In Germany, increasing criticism of conventional sow husbandry systems with farrowing crates (FSK) is accompanied with increasing demand for using alternative systems. Group housing (GH) of lactating sows as a husbandry system enables sows to behave in a way natural to their species but is simultaneously associated with higher piglet losses and thus lower revenues, working time requirements and investments. As economic research results on such husbandry systems are hardly available, this study seeks to determine the economic profitability and occupational safety of two group husbandry systems in comparison to Germany’s conventional husbandry system in sow farming. Based on experimental data on rearing performance, working time requirements and feed quantities as well as the estimated investment costs, a full cost calculation was carried out for a typical farm with 400 sows. The results validate the above-mentioned negative effects of the GH. Overall, the full costs per piglet for both GH systems (GH 1: 68.89 € and GH 2: 66.39 €) are higher than those of the farrowing system with FSK (59.14 €). Currently, implementating GH in agricultural practice is not recommended from an economic point of view. In order to increase this housing system’s profitability, besides the the rearing performance, characteristic complexes such as the affability, utility and the vitality and homogeneity of the litters should be brought back into the focus of breeding for an adaptation that is conducive to GH.
Animal welfare; sow keeping; cost estimation; experimental data; group housing